Demenz in einigen Ländern schon rückläufig

Noch fit für die Zeitung? Eine aktuelle Studie zeigt, dass heute weniger 85-jährige an Demenz erkranken als vor zehn Jahren
Demenz gehört zu den Erkrankungen, vor denen sich die Menschen am meisten fürchten. Prognosen, wonach sich die Zahl der Demenzerkrankten von heute 1,7 Millionen auf 3 Millionen bis 2050 verdoppeln wird, gießen da eher noch mehr Öl ins Feuer. Doch möglicherweise ist es zu kurz gedacht, nur auf den demografischen Wandel zu blicken. Auch die Lebensumstände und die medizinische Versorgung verändern sich. So weiß heute fast jeder, dass körperliche und geistige Aktivität das Demenzrisiko senken. Gleichfalls können Diabetes oder Bluthochdruck, die im engen Zusammenhang mit Demenzerkrankungen stehen, heute besser behandelt werden als in der Generation zuvor. All das könnte dazu beitragen, dass die Demenzwelle vielleicht weniger schlimm wird als bislang befürchtet.
Immer mehr 85-jährige sind geistig noch fit
Tatsächlich gibt es bereits einen Hinweis dafür: Wissenschaftler der Universität Leipzig konnten in einer aktuellen Meta-Analyse einen Trend zu sinkenden Neuerkrankungsraten bei Demenz in westlichen Industrieländern belegen. Das heißt, dass Menschen, die heute 85 Jahre alt sind, seltener an Demenz erkranken, als diejenigen, die eine Generation früher ihr 85. Lebensjahr erreichten.
Konkret konnte dies für Frankreich, Großbritannien, die Niederlanden und die USA gezeigt werden. Gegenläufig dazu war allerdings die Entwicklung in einer japanischen Studie: Hier wurde ein Anstieg bei den Demenzneuerkrankungen verzeichnet. Über die Entwicklung in Deutschland liegen leider keine Angaben vor.
Unterm Strich steigt die Zahl der Demenzerkrankungen
Bei dem rückläufigen Trend handelt es sich allerdings um einen relativen Rückgang. Es erkranken zwar weniger 85-jährige an Demenz. Da jedoch die Zahl der Hochbetagten zunimmt, gibt es unterm Strich doch mehr Demenzfälle in der Bevölkerung der jeweiligen Länder.
Es sei davon auszugehen, dass sich die Neuerkrankungsraten von Demenz in den Industrienationen nicht einheitlich entwickeln werden, meint Studienautorin Dr. Susanne Röhr vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig. .„Selbst in Industrieländern können die Lebensumstände und Erfahrungen im Lebensverlauf stark variieren und damit Entwicklungstrends von Demenz unterschiedlich beeinflussen. Und das trotz der insgesamt sehr günstigen Lebensbedingungen, die einkommensstarke Länder in der Regel auszeichnen“, sagt die Wissenschaftlerin.
Risiko für Demenz ist beeinflussbar
Zwar sei es für abschließende Schlussfolgerungen noch zu früh, da für andere Regionen bisher sehr wenige Erkenntnisse vorliegen, jedoch zeigten die Veränderungen in den Neuerkrankungsraten an Demenz: „Das Risiko, an Demenz zu erkranken, ist beeinflussbar, und das ist eine gute Nachricht. Denn somit scheint Prävention möglich.“
Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, geistiger und sozialer Aktivität, Nichtrauchen und ausgewogener Ernährung helfe nicht nur Herz-Kreislauferkrankungen vorzubeugen, sondern auch Demenz. Inwiefern kulturelle und ethnische Faktoren wie auch Umweltbedingungen oder der historische Kontext, in denen Populationen aufwachsen, Trends in der Demenzentwicklung mitbestimmten, sei dagegen bislang wenig erforscht.
Die Ergebnisse der Studie wurden soeben im Fachjournal „Clinical Epidemiology“ veröffentlicht.
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