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Dekubitus: Therapien nur wenig evidenzbasiert

Samstag, 5. Oktober 2013 – Autor: Anne Volkmann
Schätzungen zufolge entwickeln jedes Jahr mehr als 400.000 Menschen in Deutschland einen Dekubitus. Doch es gibt nur wenig evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten der Druckgeschwüre. Das berichten Forscher aus Oregon.
Dekubitus - schwierige Therapie

Dekubitusgeschwüre treten besonders oft in Pflegeheimen auf.

Druckgeschwüre (Dekubitalulcera) sind schmerzhaft und erfordern eine aufwändige und langwierige Behandlung. Neben Lagerungstechniken gibt es verschiedene Strategien, welche die Therapie eines Dekubitus unterstützen sollen. Diese reichen von Spezialbetten über Elektrostimulation bis hin zum chirurgischen Wundverschluss. Die wissenschaftliche Datenbasis für diese Therapien ist jedoch bescheiden, wie Mediziner der Universität von Portland (Oregon) jetzt festgestellt haben. Die Forscher haben alle einschlägigen Studien zur Dekubitus-Therapie aus den Jahren 1985 bis 2012 systematisch ausgewertet. Insgesamt wurde die Studienqualität von den Medizinern als eher schlecht beurteilt. Sie bemängelten die kleinen Probandenzahlen sowie zu kurze Beobachtungszeiten.

Geringer Nutzen der Dekubitus-Therapien

Dennoch gab es einige (wenn auch nur in geringem Maße) positive Ergebnisse. So gibt es für Luftbetten konsistente Daten aus fünf Studien, wonach sie stärker zur Reduktion von Druckgeschwüren beitragen als normale Krankenhausbetten. Auch Betten mit wechselndem Druck haben demnach einen leichten Vorteil bei der Behandlung eines Dekubitus. Bei der Nahrungsergänzung scheint nur eine zusätzliche Proteinzufuhr sinnvoll zu sein. Trotz unterschiedlicher Formulierungen war sie in den meisten Studien mit einer Verkleinerung der Dekubitusfläche assoziiert. Dagegen ließ Vitamin C keinen Nutzen erkennen.

Eine geringe Evidenz ergab sich für den Nutzen von Hydrokolloidverbänden gegenüber einem Mullverband. Auch beheizte Sekundärverbände beschleunigten die Wundheilung. Unklar waren die Daten zur topischen Applikation von Enzymen. Kollagen scheint ohne Nutzen zu sein. Für die Applikation mit Platelet-Derived Growth Factor (PDGF) fand sich eine schwache Evidenz, dass die Abheilung schwerer Druckgeschwüre gefördert wird.

Welches operative Verfahren zur Verschließung eines Dekubitus am besten geeignet ist, ließ sich wegen der mangelhaften Studienlage nicht entscheiden. Als Begleittherapien wurden elektrische Stimulation, elektromagnetische Therapie, therapeutischer Ultraschall, Unterdruck-Wundbehandlung, Hydro-, Licht- und Lasertherapien getestet. Sinnvoll schienen allerdings nur die Elektrostimulation (mit mittelgradiger Evidenz) und Lichttherapien (geringe Evidenz) zu sein.

Rund 400.000 Menschen leiden an einem Dekubitus

Ein Dekubitus geht häufig mit starken Schmerzen einher. Wenn eine Nervenschädigung vorliegt, verspüren die Patienten häufig auch nichts. Ein schlechter Allgemeinzustand der Patienten, aber auch Fieber und starkes Schwitzen begünstigen die Entstehung eines Druckgeschwürs. Besonders gefährdet sind darüber hinaus Personen, die an Diabetes mellitus oder an Durchblutungsstörungen leiden. Einmal entstanden, ist die Behandlung eines Dekubitus sehr schwierig. Die Prophylaxe ist daher besonders wichtig. Hier spielen Bewegung, Lagerungstechniken, eine gute Hautpflege und Ernährung große Rollen.

Obwohl die Dekubitusproblematik nach und nach mehr in das öffentliche Interesse gerückt wurde, liegen in Deutschland keine gesicherten Zahlen über die Häufigkeit des Auftretens von Dekubitusgeschwüren vor. Nach vorsichtigen Schätzungen entwickeln in der Bundesrepublik jährlich mehr als 400.000 Personen ein behandlungsbedürftiges Druckgeschwür. Betroffen sind vor allem immobile, kranke und ältere Menschen.

Foto: © Fotoluminate LLC - Fotolia.com

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin , Pflege

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