Decitabin bei AML offenbar genauso wirksam wie Hochdosis-Chemotherapie

Alternative zur intensiven Chemotherapie: Mit Decitabin wollen Forscher eine verträglichere Therapie gefunden haben – Foto: Foto: © psdesign1 - Fotolia.com
Bei einer akuten myeloischen Leukämie (AML) erzielt die allogene Blutstammzell-Transplantation immer noch die höchsten Heilungsraten. Im Vorfeld benötigen die Patienten eine Hochdosis-Chemotherapie, um möglichst viele Blutkrebszellen abzutöten. Doch weil eine Chemotherapie gerade für ältere Patienten oft belastend ist, ist eine nachfolgende Stammzell-Transplantation häufig gar nicht mehr möglich. Darum überlebt nur ein kleiner Teil der über 60-Jährigen die Diagnose mehr als fünf Jahre.
Schonendere Alternative
Ärzte des Universitätsklinikums Freiburg berichten nun von einer verträglicheren, aber ebenso wirksamen Alternative zur hochdosierten Chemotherapie: es ist der epigenetisch aktive Wirkstoff Decitabin. Die Studienergebnisse wurden am 11. Juni 2022 auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Hämatologie (EHA) in Wien vorgestellt: „Für viele ältere AML-Patientinnen und Patienten ist eine intensive Chemotherapie gesundheitlich eher eine Belastung als eine langfristige Hilfe. Mit unserer Studie zeigen wir, dass es eine schonendere Alternative gibt“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Michael Lübbert.
Die Überlebenschancen sind so oder so gering
In der klinischen Studie EORTC 1301 wurden 606 Patienten über 60 Jahre aus acht europäischen Ländern zunächst entweder zehn Tage lang mit Decitabin oder mit der Standard-Chemotherapie behandelt. Im Anschluss wurde eine Stammzelltransplantation durchgeführt. Patienten, bei denen dies nicht möglich war, erhielten entweder weiterhin Decitabin oder bis zu drei weitere Chemotherapie-Zyklen „Wir konnten mit dieser Studie eine Therapie-Sequenz etablieren, die aufgrund ihrer besseren Verträglichkeit der klassischen intensiven Chemotherapie bei älteren AML-Patientinnen und Patienten überlegen sein könnte“, sagt Lübbert. In Bezug auf die Überlebensrate nach vier Jahren unterschieden sich Chemotherapie und Decitabin nicht grundlegend (30 Prozent, 26 Prozent). Schwere Nebenwirkungen traten bei Decitabin jedoch mit 3,6 Prozent seltener auf als bei Chemotherapie (6,4 Prozent).
Mehr Lebensqualität
Decitabin gehört auch zur Gruppe der Zytostatika. Im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie zerstört der Wirkstoff die Krebszellen nicht sofort, sondern beeinflusst primär, welche Gene in den Krebszellen abgelesen werden und verhindert so ihre krankhafte Vermehrung. „Unter der besser verträglichen Therapie können die Patientinnen und Patienten oft ihr ganz normales Leben führen, ohne belastende stationäre Krankenhausaufenthalte“, betont Krebsmediziner Lübbert. Das ist für uns, neben der Heilung, ein ganz wichtiges Ziel.“