Berliner Wissenschaftler der Charité, des Bernstein Zentrums Berlin und der FU Berlin haben erstmals eindeutig nachgewiesen, dass Entscheidungsprozesse beim Menschen auch im Vorderhirn gesteuert werden. Werden bestimmte Areale des Vorderhirns ausgeschaltet, kommt es häufiger zu Fehlentscheidungen. Die Wissenschaftler haben damit eine Lücke in der Wissenschaft geschlossen.
Entscheidungen werden im Vorderhirn getroffen
Auch ohne, dass wir es merken, trifft unser Gehirn ständig kleinste Entscheidungen. Zeigt ein Bild einen Mann oder eine Frau? Selbst wenn das Bild unscharf ist, deutet unser Gehirn die Informationen meist richtig. Wie das gelingt, untersuchen die Forscher um Dr. Felix Blankenburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Neurologie der Charité und am Bernstein Zentrum Berlin und Hauke Heekeren von der Freien Universität Berlin. Schon länger vermuteten Fachleute, dass ein bestimmter Bereich des Vorderhirns, der dorsolaterale Präfrontalkortex, an Entscheidungen beteiligt ist. Diesen schalteten die Forscher mit der sogenannten transkraniellen Magnetstimulation (TMS) für kurze Zeit aus. Anschliessend baten sie die zwölf Versuchspersonen, so schnell wie möglich zu entscheiden, ob sie auf einem Bildschirm ein Auto oder ein Gesicht erkennen. Das Ergebnis: War die untersuchte Hirnregion gehemmt, zögerten die Personen länger und entschieden sich häufiger falsch. Die Qualität der Bilder spielte dabei keine Rolle.
Hirnforschung
Damit wiesen die Forscher erstmals nach, dass der dorsolaterale Präfrontalcortex beim Menschen einen kausalen Einfluss auf Entscheidungen hat. "Mit dieser Studie konnten wir eine Lücke zwischen unserem Wissensstand bei Tieren und bei Menschen in dieser Hinsicht schliessen. Damit sind wir einen Schritt weiter, die Funktionen von Hirnarealen zu verstehen, die in Entscheidungen involviert sind", meint Blankenburg. "Wie die einzelnen Areale zusammenarbeiten, wissen wir deshalb aber noch lange nicht."
Entscheidungsprozesse besser verstehen, das Ziel
Ein Computermodell bestätigte die Funde der Wissenschaftler. Es erlaubt, Faktoren wie die visuelle Verarbeitung der sensorischen Reize von der eigentlichen Entscheidungsfindung abzugrenzen. Zudem berücksichtigt es, wie Entscheidungen bei unterschiedlichen Bedingungen, beispielsweise bei schlechter Qualität der Bilder, getroffen werden. "Indem wir theoretische Modelle mit TMS kombinieren, können wir die kausale und funktionelle Bedeutung dieser Hirnbereiche bei verschiedenen kognitiven Aufgaben erforschen. Dieses Modell gibt uns neue Möglichkeiten, aus unseren Verhaltensdaten Parameter zu bestimmen, die bei Entscheidungsprozessen eine Rolle spielen", erklärt Marios Philiastides, Erstautor der Studie.