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Das entgegnet der schwer kranke Nierenspender aus „hart aber fair“ Michael Sommer

Samstag, 6. April 2019 – Autor:
Abschätzig und selbstgerecht hat Michael Sommer auf den Fall von Ralf Zietz in hart aber fair reagiert. Nun hat er einen offenen Brief von dem schwer kranken Nierenspender bekommen.
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Ein selbstgerechter Michael Sommer äußert sich abschätzig über den erkrankten Nierenspender Ralf Zietz in hart aber fair. Der hat jetzt mit einem offenen Brief geantwortet

Zwei Männer spenden ihren Ehefrauen eine Niere. Der eine wird schwer krank und gerät in eine existenzielle Notlage, der andere ist putzmunter und wirbt für seine großartige Tat. Beide bekommen in der Sendung „hart aber fair“ am Montag, den 1. April, einen Platz.  Das Schicksal des einen, Ralf Zietz, wird als Filmeinspieler gezeigt, der andere, Michael Sommer, ehemaliger DGB-Chef, ist live im Studio dabei und darf mitdiskutieren.

Niemand widerspricht Sommer, als er den schwer kranken Nierenspender runterputzt, er sei ja wohl intellektuell in der Lage gewesen, das Risiko abzuschätzen. Unkommentiert bleibt auch seine Überheblichkeit, mit der sich als moralisch überlegen hinstellt, und seine verblüffende Empathielosigkeit gegenüber einem Mann, der weniger Glück gehabt hat als er. Nein, großes Leid ist dem Nierenspender und seiner Frau durch die Lebendspende widerfahren. 

Nach Nierenspende am Fatigue-Syndrom erkrankt

Ralf Zietz ist nach der Nierenspende im Jahr 2010 am „chronischen Fatigue-Syndrom“ erkrankt. Wie im Einspieler zu sehen ist, hat ihn die Erkrankung zwischenzeitlich an den Rand der Existenz gebracht. Aus dem selbstständigen Unternehmer mit Dutzenden Angestellten und dem vierfachen Familienvater ist ein chronisch kranker Mann geworden. Nur mit erheblicher Kraftanstrengung kann er heute gerade mal halbtags tätig sein. Dabei bekam er von den Ärzten versichert, dass er schon sechs Wochen nach der Organentnahme wieder „ganz der Alte“ sein werde.

Darauf hatten er und seine Frau vertraut, sonst hätten sie sich niemals für die Nierenspende entschieden. „Vor der Spende gab es einen ganz klaren Konsens zwischen meiner Frau und mir, dass eine Nierenspende für mich nur in Frage kommt, wenn keine Risiken, über die üblichen OP-Risiken hinaus, für mich bestehen“, erzählt Zietz. „Eine rationale und richtige Position, die wir beide vertraten und nach wie vor vertreten.“

Weil er über die Risiken einer Organlebendspende nicht aufgeklärt worden war, ist er vor den Bundesgerichtshof gezogen. Der BGH hatte im Januar die Aufklärungsversäumnisse bestätigt: Die Informationen der Ärzte seien bewusst unvollständig und teilweise absichtlich falsch gewesen, so die Richter. Zukünftig müsse jeder aufklärende Arzt vor einer Organlebendspende tatsächlich umfassend aufklären und könne nicht vermeintlich geringe oder unwahrscheinliche Risiken unerwähnt lassen. Nur so sei es einem in der Regel unter großem emotionalem Druck stehenden, potenziellen Organlebendspender möglich, eine möglichst freie, vollständig informierte Entscheidung zu treffen.

Vorwürfe statt Empathie

Doch all das scheint Michael Sommer nicht zu interessieren. Selbstgerecht lobt er im Laufe der Sendung wiederholt seine altruistische Tat, fordert andere leichtfertig auf, es ihm nach zu tun. Aber viel schlimmer noch: Er äußert sich abschätzig und überheblich über Ralf Zietz, unterstellt er würde seiner Frau Vorwürfe machen - wovon im Einspieler überhaupt nicht die Rede war. 

Frank Plasberg lässt den ehemaligen DGB-Chef gewähren. Und Ralf Zietz, der inzwischen die Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. gegründet hat, muss sich das alles im Fernsehen anschauen. Partei für ihn ergreift in der Sendung niemand.

Das steht im offenen Brief an Michael Sommer

Das hat er nun selbst getan und Michael Sommer einen offenen Brief geschrieben. Hier einige Auszüge:

…Die von Ihnen während der Sendung gemachten, abwertenden Äußerungen zu meiner Haltung und Klage muss ich komplett zurückweisen. Diese haben Sie in offensichtlicher Unkenntnis meiner persönlichen Umstände, des Klagegegenstandes und der Tragweite des Urteils gemacht. Ich mache meiner Frau keine Vorwürfe. Sie ist für die bei mir eingetretenen Schäden nicht verantwortlich. Die Verantwortung liegt allein bei den aufklärenden Medizinern….

Bezüglich der Klage vor dem Bundesgerichtshof schreibt er: Die Klage, die ich mit ausdrücklicher Unterstützung meiner Frau angestrengt habe, war notwendig, da ich im Jahre 2010 keine vollständige Aufklärung über die Risiken erhalten habe. So wurde mir nicht erklärt, dass die Nierenfunktion nach der Entnahme einer Niere um ca. 30 % sinkt und dass ich bei meinen Ausgangswerten in einem Nierenkrankenbereich (GFR < 60 ml/min, CKD III) sein werde. Meine körperliche und mentale Leistungsfähigkeit ist entsprechend gesunken. Bis zu 45 % der Nierenlebendspender haben laut Studienlage eine solche, niedrige Nierenrestfunktion - eine schwere Hypothek für das Alter und Ursache zahlreicher körperlicher Beschwerden…

…Mir wurde trotz vorhandener Studienlage nicht erklärt, dass ein erheblicher Anteil der Spender an dem sogenannten „Fatigue-Syndrom“ erkrankt. …. Die Schadensquote ist inakzeptable hoch. Hier irrt im Übrigen Herr Dr. Bartens mit seiner pauschalen Behauptung, es würde nur in seltenen Fällen zu Problemen kommen….

Hochgradig gefährliche Äußerungen

…Ich halte daher Ihren in der Sendung gemachten öffentlichen Aufruf für hochgradig gefährlich: Zitat: „Ich kann nur jedem sagen: Tun Sie es. Sie helfen sich und einem Menschen, den Sie lieben. Es war die zweite Eheschließung.“ Sie zeigen einen völlig undifferenzierten, rein emotionalen Blick auf die Nierenlebendspende. Gespeist durch eigene glücklicherweise gute Erfahrung und unterstützt durch ihre persönlichen günstigen Parameter, wie Alter und berufliche Situation, fordern Sie quasi jeden dazu auf, bei Bedarf eine Niere zu spenden. Sie verkennen dabei, dass die Entscheidung für oder gegen die Nierenlebendspende eine sehr persönliche und individuelle ist. Sie hängt in hohem Maße von Gesundheitszustand, Alter, Nierenfunktion, persönlicher Lebenssituation und persönlichen Lebenszielen ab. Niemand darf zur Organlebendspende genötigt oder durch Verharmlosung der Risiken und Folgen um seine Gesundheit betrogen werden….

...  Es werden Menschen unaufgeklärt krank operiert. Es stehen Menschen unter großem sozialem und emotionalem Druck „spenden zu müssen“. Man kann und darf nicht von Menschen verlangen, die eigene Gesundheit dauerhaft aufs Spiel zu setzen, um einem bereits Kranken eine vorübergehende Erleichterung (nicht Genesung!) zu verschaffen...

Abschließend lädt er Michael Sommer zur nächsten Mitgliederversammlung seines Vereins am 11. Mai ein. „Sprechen Sie mit mir, aber auch mit anderen Nierenlebendspendern, über die ethischen, moralischen und gesundheitlichen Aspekte der Nierenlebendspende. Ihr Besuch könnte dazu beitragen, die Vorgaben des BGH, nämlich das Vertrauens in die Organlebendspende zu fördern, öffentlich zu unterstützen.“

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
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