Leuchtturm mit Herz
Wie viele Leben er schon gerettet hat, vermag der Herzchirurg und Ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin (DHZB), Prof. Dr. Dr. Roland Hetzer, kaum zu sagen. Viele waren es auf jeden Fall. Leben wie das von Peter Markgraf, ein schwer herzkranker Postangestellter aus Berlin-Tempelhof. Hetzer hat ihm 1986 ein Spenderherz transplantiert - mit Erfolg. Bis heute lebt Peter Markgraf (69) mit dem fremden Herzen. Und er lebt gut damit. "Herr Markgraf war der erste Patient in Berlin, bei dem es gelang, ein Herz zu transplantieren", erinnert sich Hetzer. "Der Eingriff war eine der ersten Operationen am frisch gegründeten DHZB überhaupt."
Es sollten viele weitere Eingriffe folgen. Bis heute haben Hetzer und seine Kollegen fast 70 000 Operationen am offenen Herzen vorgenommen. Darunter waren mehr als 2 200 Transplantationen von Herzen und/oder Lungen - davon rund 200 bei Kleinkindern und Kindern - sowie mehr als 1 700 Kunstherz-Implantationen. Damit betreibt das Berliner Herzzentrum das weltweit grösste Kunstherzprogramm und deutschlandweit das grösste Transplantationsprogramm. "Beide Schwerpunkte prägen heute unser Profil", sagt Hetzer, der die Klinik vom ersten Tag an leitete.
Der erste Tag, das war der 29. April 1986 und von diesem Tag an ragte das DHZB als Leuchtturm aus der damals noch geteilten Stadt hervor. Seither hat sich das DHZB zu einer der weltweit führenden Einrichtungen entwickelt - und ist heute mehr Leuchtturm als je zuvor. Mit mehr als 1 000 Mitarbeitern versorgt das Haus im Wedding jedes Jahr 8 000 Patienten und weitere 17 000 ambulant. Es sind vor allem Hochrisiko-Patienten, Patienten mit stark eingeschränkter Herzfunktion, angeborenen Herzfehlern, Herzklappenfehlern oder Aortenerkrankungen, die hier erstklassige medizinische Hilfe oder gar ein neues Herz bekommen.
In Berlin läuft das weltweit grösste Kunstherzprogramm
Highlights in der 25-jährigen Geschichte des Hauses waren etwa die weltweit erste Implantation eines künstlichen Herzens bei einem Kind (1990) oder die Einführung der ersten Rotations-Blutpumpe (1998), eine Technik, die bis heute eingesetzt und weiterentwickelt wird. 2007 entwickelte die kardiologische Klinik des DHZB den Cockpit-Katheter, der vor allem bei Vorhofflimmern Abhilfe schafft. Eine weitere Erfolgsmeldung aus den vergangenen Jahren: Mittels neuer Techniken können selbst hochbetagte Patienten noch am Herzen operiert werden. "Unsere Techniken sind so ausgefeilt, dass wir sehr schonend operieren können", freut sich Hetzer. "Es geht bei diesen Eingriffen weniger um die Verlängerung des Lebens als um die Verbesserung der Lebensqualität und Mobilität."
Schlagzeilen machte das DHZB auch mit der Eröffnung von Berlins erstem Hybrid-OP im März 2008. Der wohl modernste OP-Saal dieser Art in Deutschland erlaubt es Herzchirurgen und Kardiologen in gleicher Sitzung Operationen und Kathetermassnahmen durchzuführen. Das Hybrid-Verfahren ist schonender für die Patienten, beispielsweise wenn es um die Behandlung der hoch risikoreichen Aortenaneurysmen oder um den Herzklappenersetz geht. Und es ist eine gute Nachricht für Eltern, deren Kinder mit schweren Herzfehlern auf die Welt gekommen sind. Denn mit der Einführung des Hybrid-Verfahrens hat nach Auskunft der Berliner Herzspezialisten ein neues Zeitalter in der Kinderherztherapie begonnen.
Beatrice Hamberger