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Darmkrebs: Künstliche Intelligenz macht Darmspiegelung sicherer

Sonntag, 16. September 2018 – Autor:
Künstliche Intelligenz kann die Früherkennung von Darmkrebs sicherer machen. Sie unterscheidet sekundenschnell harmlose Wucherungen von gefährlichen Krebsvorstufen und vermeidet so unnötige Operationen.
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Darmkrebs: Künstliche Intelligenz kann sekundenschnell zwischen harmlosen und gefährlichen Wucherungen unterscheiden – Foto: ©Janina Dierks - stock.adobe.com

Die Früherkennung von Darmkrebs könnte in Zukunft durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verbessert werden. In aktuellen Untersuchungen konnten die lernfähigen Systeme harmlose Wucherungen im Darm von gefährlichen Krebsvorstufen unterscheiden. So würden unnötige operative Eingriffe vermieden und die Vorsorge sicherer. Das berichteten Experten auf einer Vorab-Pressekonferenz zum Kongress Viszeralmedizin 2018. 

Mittlerweile gibt es zur Früherkennung auch immunologische Stuhltests, doch nach wie vor gilt die Darmspiegelung (Koloskopie) als die effektivste und treffsicherste Methode zur Früherkennung von bösartigen Tumoren in Dick- und Mastdarm. Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 61.000 Menschen an diesem Krebs. Bei der Vorsorge-Darmspiegelung sucht und entfernt der Arzt alle verdächtigen Wucherungen, sogenannte Polypen.

Darmkrebs: Computersoftware erkennt Krebsvorstufen

"Nicht aus allen Polypen muss sich Krebs entwickeln - manche können harmlos sein, müssen derzeit aber sicherheitshalber trotzdem entfernt werden", sagt Dr. Andrea Riphaus, Chefärztin Innere Medizin II am St. Elisabethen-Krankenhaus Frankfurt.

Computergestützte, lernfähige Systeme können nun während der Darmspiegelung die Bilder aus dem Inneren des Darms in 500-facher Vergrößerung an einen Computer schicken. Dort prüft eine Software an 300 Einzelmerkmalen, ob es sich um eine Vorstufe des Darmkrebs, ein sogenanntes Adenom, oder um eine harmlose Wucherung handelt.

Darmkrebs-Vorstufen in 93 Prozent der Fälle erkannt

"Aktuell müssen wir die Wucherungen entfernen und dann im Labor analysieren lassen. Bei den Systemen mit künstlicher Intelligenz erfolgt die Auswertung in weniger als einer Sekunde, und der Arzt wird durch einen Ton oder über einen Hinweis auf dem Bildschirm gewarnt", erläutert Riphaus, Vorsitzende der Sektion Endoskopie der Deutschen Gesellschft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten.

In einer ersten klinischen Studie, deren Ergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine vorgestellt wurden, erzielten Gastroenterologen aus Japan mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz eine Genauigkeit von 93 Prozent, was die Erkennung von Darmkrebs-Vorstufen betrifft. "Wenn die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigt und noch verbessert werden, könnte die Technik in einigen Jahren im Routinebetrieb eingeführt werden", so Riphaus in einer Pressemitteilung.

Darmkrebs: Computersoftware ist Endoskopiegeräten überlegen

Da Systeme Künstlicher Intelligenz lernfähig sind, ist mit einer Verbesserung der Polypen-Erkennungs-Rate insgesamt zu rechnen, so die Expertin. "Gerade Adenome, also Vorstufen des Darmkrebs, sind flach und oft in den Falten der Darmwand verborgen. Sie können auch mit den aktuell eingesetzten, hochauflösenden Endoskopie-Geräten manchmal übersehen werden", so Riphaus.

Die Software könne auf Rückmeldungen vom Pathologen reagieren und bei Fehlern ihre Algorithmen anpassen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Rückmeldungen auch erfolgen. Hier sind nach Einschätzung der Expertin noch groß angelegte und gut strukturierte Studien notwendig.

Darmkrebs: Künstliche Intelligenz macht Darmspiegelung sicherer

Auch seien vor der Anwendung noch rechtliche und versicherungstechnische Hindernisse zu überwinden. "Wir benötigen deshalb eine klinische Initiative zum Erwerb von Big Data für das maschinelle Lernen in der Koloskopie", fordert die Medizinerin.

Ein zentrales Argument: Die Qualität der Vorsorge von Darmkrebs werde insgesamt verbessert und die Untersuchung sicherer, wenn es durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz weniger Unterschiede in der Adenom-Erkennungsrate zwischen einzelnen Ärzten gebe.

Foto: janina dierks/fotolia.com

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