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Darf man mit Herzschrittmacher E-Auto fahren?

Sonntag, 1. Mai 2022 – Autor:
Hunderttausende von Herzpatienten tragen Implantate wie Herzschrittmacher in sich. Zugleich gibt es im Alltag immer mehr elektromagnetische Felder – etwa, weil die Zulassungszahlen bei Elektroautos in die Höhe schnellen. Ist das gefährlich?
Elektroauto beim Laden.

Nach der derzeitigen Studienlage können Herzpatienten mit elektronischen Implantaten wie einem Herzschrittmacher offenbar bedenkenlos E-Autos fahren und laden. – Foto: pixabay.com

Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 77.000 Herzschrittmacher und über 25.000 Defibrillatoren implantiert, immer öfter auch bei jüngeren Patienten. Das zeigen Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Hinzu kommen sogenannte Event-Recorder, also Langzeit-EKGs zur Diagnostik. Zugleich nimmt die Zahl der elektromagnetischen Felder in unserem beruflichen und privaten Umfeld durch mehr technische Geräte weiter zu. Beispiel: PKWs. Im vergangenen Jahr, 2021, erreichte die Zahl der Neuzulassungen von Autos mit reinem Elektroantrieb mit 356.000 Stück einen neuen Rekordwert. Das bedeutet: Auch immer mehr Herzpatienten mit Implantaten nutzen Elektroautos.

Auto-Betriebsanleitungen: „Einflüsse auf Herzschrittmacher nicht auszuschließen“

Viele Herzpatienten fragen besorgt beim Arzt: Können elektromagnetische Felder, die durch Geräte in unserem privaten und beruflichen Alltag entstehen, Herzrhythmusimplantate wie Herzschrittmacher und implantierte Defibrillatoren stören? Und wie gefährlich sind diese Einflüsse? In den Betriebsanleitungen von E-Autos finden sich schließlich Sätze wie dieser: „Einflüsse auf den Herzschrittmacher sind nicht auszuschließen“.

DHZ-Studie: „Fehlfunktionen von Herzimplantaten unwahrscheinlich“

In einer Patienteninformation der Deutschen Herzstiftung heißt es dazu im Grundsatz: „Elektrofahrzeuge sind für Patienten mit Herzschrittmacher unproblematisch.“ Die Herzstiftung stützt sich dabei insbesondere auf eine Studie des Deutschen Herzzentrum München (DHM), in der untersucht wurde, ob für Schrittmacher- und Defi-Träger bedenkliche Störeinflüsse von Elektroautos ausgehen – beim Fahren des Autos wie auch beim Aufladen.

„Unsere Untersuchungen ergaben keinen Hinweis darauf, dass von den Elektroautos für Herzpatienten bedenkliche elektromagnetische Interferenzen ausgehen, die die implantierten elektrischen Herzgeräte in ihrer Funktion stören könnten“, sagt der Autor der Studie, der Kardiologe Carsten Lennerz. „Fehlfunktionen der Herzimplantate aufgrund der Nutzung von Elektroautos sind somit unwahrscheinlich.“ Eine dauerhafte Entwarnung sei allerdings nicht möglich, denn: „Elektroautos entwickeln sich in Bauweise und Ladetechnik rapide weiter.“ Und das mache immer neue Untersuchungen erforderlich.

Die Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und die Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) haben die aktuelle Studienlage zu möglichen Interferenzen zwischen elektronischen Geräten jegleicher Art und medizinischen Implantaten gesichtet und zusammengefasst. Sie beschreiben den Stand von Wissenschaft und Technik so: „Die modernen Aggregate von Schrittmachern und Defibrillatoren werden von elektromagnetischen Feldern im Alltag in der Regel nicht beeinträchtigt, sofern sie nach Herstellerempfehlung programmiert sind. Dennoch gilt es für Patienten, denen diese Devices implantiert wurden, eine gewisse Vorsicht im Umgang mit einigen elektrischen Alltagsgeräten walten zu lassen.“

Interferenzen bei modernen Geräten  nur noch selten

Laut DGK und DGAUM nimmt die Zahl der elektromagnetischen Felder in unserem beruflichen und privaten Umfeld durch mehr technische Geräte weiter zu. Interferenzen dieser Felder mit aktiven kardialen Implantaten können den Fachgesellschaften zufolge unterschiedliche Auswirkungen haben. Beispielsweise kann es in vergleichsweise harmlosen Fällen zu einem Moduswechsel des Herzschrittmachers und in schwerwiegenden Fällen gar zu inadäquaten, schmerzhaften Schockabgaben bei implantierten Defibrillatoren (ICDs) kommen.

„Bei heute gängigen Implantaten kommen diese Interferenzen aufgrund von technischen Verbesserungen gegenüber früheren Geräten jedoch nur noch sehr selten vor“, so die Einschätzung der DGK und DGAUM.  Je nach Studie und Implantat wurden demnach lediglich 0,3 bis 0,7 Fälle pro 100 Patientenjahre nachgewiesen.

Auto, Bahn, Flugzeug: „Keine Reiserestriktionen für Patienten mit aktiven Herzrhythmusimplantaten“

Gesundheitsrisiken durch mögliche Wechselwirkungen sind unter Herzpatienten ein Thema. „Besonders häufig sorgen Patienten sich, ob sie gefahrlos Hybrid- und Elektrofahrzeuge nutzen können“, heißt es bei den Fachgesellschaften für Kardiologie beziehungsweise Arbeitsmedizin. „Hier geben die Experten nun Entwarnung: Es konnten bei den Autos keine Wechselwirkungen mit den Devices festgestellt werden.“ Auch für die Reise mit dem Flugzeug oder der Bahn gelten demnach keine ärztlichen Einschränkungen. „Reiserestriktionen für Patienten mit aktiven Herzrhythmusimplantaten können auf Basis der zugrunde liegenden Herzerkrankung indiziert sein, nicht jedoch wegen des reinen Vorhandenseins eines kardialen Implantates“, heißt es in der Stellungnahme der beiden Organisationen.

Hauptkategorie: Medizin
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