Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

COVID-19: Warum Remdisivir kein Wundermittel ist

Sonntag, 17. Januar 2021 – Autor:
Ein Medikament gegen COVID-19 mit durchschlagender Wirkung gibt es nach wie vor nicht. Seit Beginn der Pandemie richteten sich Hoffnungen auf verfügbare antivirale Medikamente wie gegen HIV oder Malaria. Auch der Ebola-Wirkstoff Remdesivir ist darunter. Obwohl der Hersteller dessen Wirksamkeit auch gegen Corona beteuert, entthront jetzt eine MPI-Studie ein weiteres Mal das Präparat.
Remdesivir - Ampulle, Arzneifläschchen, Infusionsbesteck

Remdesivir: Der Wirkstoff gilt als hoch-antiviral und war schon gegen das berüchtigte Ebola-Fieber im Einsatz. Der coronavirus-infizierte US-Präsident Trump stellte es als Wundermittel mit. All das beweist noch lange nicht, dass es auch gegen das Coronavirus wirkt. – Foto: ©felipecaparros - stock.adobe.com

Wenn ein neues Virus auftaucht und in den Sternen steht, ob und wann es Impfstoffe und Medikamente gegen die von ihm ausgelöste Krankheit gibt, richten sich die Hoffnungen naheliegenderweise auf antivirale Präparate, die es schon gibt. Remdesivir ist ein solcher Arzneistoff. Eigentlich zur Bekämpfung des mörderischen Ebola-Virus entwickelt, hat es im Sommer 2020 auch in der EU eine Sonderzulassung für COVID-19 mit Auflagen bekommen – zumindest für besonders schwere Fälle. Die Gesamtschau der Studien zu Remdesivir hat die Hoffnungen in das Medikament bisher nicht klar bestätigen können. Eine im Herbst 2020 publizierte WHO-Studie zweifelt sogar an der Wirksamkeit des Wirkstoffs Remdesivir. Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts (MPI) für biophysikalische Chemie in Göttingen erklärt jetzt, wo und warum Remdisivir bei Corona an seine Grenzen stößt.

Remdesivir soll rasante Virenvermehrung in den Zellen bremsen

Remdisivir soll die rasante Vermehrung des SARS-CoV-2-Erregers in menschlichen Zellen unterdrücken, indem es die virale Kopiermaschine, RNA-Polymerase genannt, stoppt. Forschende des MPI Göttingen und der Universität Würzburg haben nun aufgeklärt, wie Remdesivir die virale Polymerase während des Kopierens stört, sie aber nicht vollständig hemmt. Ihre Ergebnisse erklären, warum das Medikament eher schwach wirkt.

„Remdesivir behindert Vermehrung, aber stoppt sie nicht"

„Nach komplizierten Untersuchungen kommen wir zu einem einfachen Schluss“, sagt Max-Planck-Direktor Patrick Cramer. „Remdesivir behindert zwar die Polymerase in ihrer Arbeit, aber erst mit einiger Verzögerung. Und das Medikament stoppt das Enzym nicht komplett.“

Coronavirus-Erbgut: Mit 30.000 RNA-Bausteine besonders lang

Cramers Team am MPI Göttingen hatte schon zu Beginn der Pandemie klären können, wie das Coronavirus sein RNA-Erbgut verdoppelt. Für den Erreger ist das offenbar eine Mammutaufgabe, denn die Virus-RNA besteht aus einer Kette von rund 30.000 RNA-Bausteinen und ist damit besonders lang. „Remdesivir ähnelt in seiner Struktur RNA-Bausteinen“, erklärt Claudia Höbartner, Professorin für Chemie an der Universität Würzburg. Die Polymerase lässt sich davon in die Irre führen und baut die Substanz in die wachsende RNA-Kette ein. Im Anschluss verlängert sich die RNA-Kette zunächst um drei Bausteine weiter; erst dann kommt der Kopiervorgang endgültig zum Stehen.

Basis für weitere Suche nach COVID-19-Medikamenten

Auch wenn die Studie zunächst erst einmal die Grenzen des Wirkstoffs Remdesivir sichtbar macht, sind die Wissenschaftler nicht ohne Optimismus, dass sich durch dieses Knowhow neue Chancen eröffnen könnten, das Virus erfolgreich zu bekämpfen. „Jetzt, da wir wissen, wie Remdesivir die Corona-Polymerase hemmt, können wir daran arbeiten, die Substanz und ihre Wirkung zu verbessern. Darüber hinaus wollen wir nach neuen Substanzen fahnden, die die virale Kopiermaschine stoppen“, so Max-Planck-Direktor Cramer. „Die jetzt angelaufenen Impfungen sind essenziell, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Aber wir müssen weiterhin auch wirksame Medikamente entwickeln, die im Fall von Infektionen den Krankheitsverlauf von Covid-19 mildern.“

Foto: AdobeStock/felipecaparros

Hauptkategorie: Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Arzneimittel , Infektionskrankheiten , Coronavirus , Ebola , HIV / AIDS

Weitere Nachrichten zum Thema Suche nach COVID-19-Medikamenten

Wenn COVID-19-Patienten nach ihrer Aufnahme ins Krankenhaus Medikamente zur Blutverdünnung in höherer Dosierung bekommen, steigen ihre Chancen, die Krankheit zu überleben. Das ist das Ergebnis einer Studie unter Leitung des Hasso-Plattner-Instituts Potsdam (HPI) in den USA. In einem Klinikverbund in New York werden die Erkenntnisse der Studie bei der Behandlung bereits angewandt.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin