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COVID-19-Patienten im Krankenhaus: Jeder fünfte starb bisher

Samstag, 1. August 2020 – Autor:
Rund ein Fünftel der COVID-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind gestorben. Das ergibt sich aus einer Studie unter Federführung des AOK-nahen Forschungsinstituts WIdO. In einer Altersgruppe lag die Sterblichkeit besonders hoch.
COVID-19-Patientin im Krankenhaus mit Pflegepersonal in Schutz-Overalls.

Die Behandlungsdaten von 10.021 Patienten mit bestätigter COVID-19-Diagnose haben Wissenschaftler ausgewertet: Jeder Fünfte Patient, der ins Krankenhaus musste, starb. – Foto: ©Halfpoint - stock.adobe.com

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten, die wegen COVID-19 künstlich beatmet werden mussten, starben – 53 Prozent. Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Auch bei den beatmeten Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich an die Dialyse angeschlossen werden mussten (27 Prozent aller beatmeten Patienten), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent sehr hoch. Dies ergibt sich aus einer gemeinsamen Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin.

Erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse

Die jetzt publizierte Analyse ist die bisher umfassendste Studie zu COVID-19-Patienten in deutschen Krankenhäusern. Die Behandlungsdaten von 10.021 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose haben Wissenschaftler dafür analysiert: von Patienten, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden und deren Behandlung abgeschlossen ist – entweder, weil sie im Krankenhaus gestorben sind oder weil sie inzwischen entlassen wurden. Das ist die eine Besonderheit der Studie, die für mehr Aussagekraft sorgt. Die andere ist die Qualität der Daten: Die Datenstichprobe von Versicherten der AOK entspricht circa einem Drittel der Gesamtbevölkerung und weist eine repräsentative Alters- und Geschlechtsstruktur auf. Die jetzt WIdO vorgelegte Studie liefert damit erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der Covid-19-Patienten in Deutschland.

Höchste Beatmungsquote bei den 60- bis 80-Jährigen

Von den gut 10.000 COVID-19-Patienten wurden 1.727  (oder 17 Prozent) künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patienten erhielt eine invasive Beatmung (also über einen in die Luftröhre eingeführten Kunststoffschlauch/„Intubation“). Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 68 Jahren. Dies gilt sowohl für die Gruppe der beatmeten wie auch der nicht beatmeten Patienten. Allerdings: Im Vergleich der vier festgelegten Altersgruppen schwankte die Notwendigkeit für eine künstliche Beatmung erheblich: Am niedrigsten war der Anteil in der jüngsten Gruppe der 18- bis 59-Jährigen (15 Prozent). Am höchsten war die Rate in den Gruppen der 60- bis 69-Jährigen mit 24 und bei den 70- bis 79-Jährigen mit 25 Prozent. Bei den ältesten –  den Patienten ab 80 – lag der Wert mit 12 Prozent sogar niedriger als in der Gruppe der jüngsten.

Die Hälfte der beatmeten Patienten wird länger als 10 Tage beatmet

14 Tage müssen COVID-19-Patienten im Krankenhaus zubringen: das ist der statistische  Durchschnitt. Sieht man hinter die Kulissen dieser Zahl, zeigt sich jedoch: Beatmungspflichtige Patienten liegen mit 25 Tagen mehr als doppelt so lange wie nicht-beatmete Patienten war sie mit 12 Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei 10 Tagen (Abbildung 4). 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben.

COVID-19-Patienten: Schwerere Fälle häufig mit Begleiterkrankungen

COVID-19-Patienten, die zur stationären Behandlung ins Krankenhaus müssen, sind Begleiterkrankungen häufig. Patienten mit Begleiterkrankungen müssen auch häufiger künstlich beatmet werden. So hatten beispielsweise 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es mit 43 annähernd doppelt so viele. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag der Analyse zufolge bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (12 Prozent). Die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. "Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf", sagt Christian Karagiannidis, Zentrumsleiter bei der Lungenklinik Köln-Merheim. Im Juli hatte das WIdO in einer Studie für Berlin und Brandenburg festgestellt, dass berufstätige Frauen deutlich häufiger an COVID-19 erkranken als berufstätige Männer.

Pro 100 Krankenhauspatienten: 240 Beatmungstage

Die Studie liefert nach Aussagen der beteiligten Forscher auch Entscheidungswissen für eine mögliche zweite Corona-Pandemiewelle. „Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor“, sagt Reinhard Busse, Co-Autor der Studie und Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin.  So ergab die Analyse, dass pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage anfallen. „Bezüglich der normalen Krankenhausbetten“, sagt Busse weiter, „ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten."

Foto: AdobeStock/

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