
Fund aus Ulm: Muttermilch war mit Coronavirus infiziert – Foto: ©evso - stock.adobe.com
Stillen galt bislang als gut und sicher. Doch nun haben Virologen des Universitätsklinikums Ulm erstmals das neue Coronavirus SARS-CoV-2 in der Muttermilch einer infizierten Frau nachgewiesen. Ihr Baby erkrankte ebenfalls an COVID-19. Ob sich der Säugling tatsächlich über die Muttermilch angesteckt hat, ist jedoch noch unklar. Beiden geht es offenbar wieder gut. Nach 14 Tagen war kein Virus mehr in der Muttermilch nachweisbar.
Stillende Mutter steckt Baby an
Die Frau hatte sich wohl nach der Entbindung im Krankenhaus bei einer Zimmernachbarin mit COVID-19 angesteckt. Erst nach der Entlassung traten bei ihr die typischen Krankheitssymptome auf: Husten, leichtes Fieber sowie einen Verlust ihres Geruchs- und Geschmacksinns. Daraufhin wurde sie positiv auf SARS-CoV-2 getestet, ihr erkranktes Baby ebenfalls.
Das zuständige Gesundheitsamt veranlasste in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Ulm Untersuchungen der Muttermilch auf SARS-COV-2: Das Ergebnis fiel vier Mal hintereinander positiv aus. Dabei ermöglichte die angewandte Methode, die quantitative Echtzeit-PCR (RT-qPCR), nicht nur den Nachweis einer Infektion, sondern auch eine Bestimmung der Viruslast. Diese lag bei etwa 100 000 viralen Genomkopien pro Milliliter Muttermilch. Theoretisch reicht diese Menge für eine Übertragung aus.
Auch soll die erkrankte Mutter nach dem Auftreten der Symptome, beim Umgang mit ihrem Baby einen chirurgischen Mund-Nasen Schutz getragen haben sowie ihre Hände und Brüste desinfiziert haben. Die Muttermilch der zuerst erkrankten Zimmernachbarin wurde ebenfalls auf SARS-CoV-2 untersucht. Hierin fanden sich keine Hinweise auf das Virus.
Muttermilch ist ein möglicher Übertragungsweg
„Unsere Studie zeigt, dass SARS-CoV-2 bei stillenden Frauen mit akuter Infektion in der Muttermilch nachweisbar sein kann. Aber wir wissen noch nicht, wie oft dies der Fall ist, ob die Viren in der Milch auch infektiös sind und durch das Stillen auf den Säugling übertragen werden können“, erklärt Professor Jan Münch vom Ulmer Institut für Molekulare Virologie. Dennoch liefere die Arbeit Hinweise auf einen möglichen neuen Übertragungsweg des Erregers.
Der Beitrag ist als „letter“ im Fachjournal „The Lancet“ erschienen.
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