Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Coronaferien: Sollte Deutschland flächendeckend seine Schulen schließen?

Donnerstag, 12. März 2020 – Autor:
Die Diskussion über Schulschließungen und Absage von Großveranstaltungen ist in vollem Gang. Eine bundeseinheitliche Regelung gibt es nicht. Derweil steigen die Infektionen mit dem Coronavirus weiter.
Leeres Klassenzimmer wegen Coronavirus: In Deutschland ist eine kontroverse Diskussion um Schulschließungen entbrannt

Leeres Klassenzimmer wegen Coronavirus: In Deutschland ist eine kontroverse Diskussion um Schulschließungen entbrannt – Foto: ©pololia - stock.adobe.com

In der letzten Woche hat sich die Zahl der Coronavirusinfektionen in Deutschland verzehnfacht. Dennoch geht das öffentliche Leben weiter: Schulen, Kindergärten, Universitäten bleiben - bis auf einzelne Ausnahmen - geöffnet.

Unverantwortlich, sagen die einen. Jetzt müsse Deutschland „Coronaferien“ einlegen, um die Ausbreitung des Virus zu verzögern. Andere halten flächendeckende Schulschließungen für unverhältnismäßig und halten das gezielte Reagieren auf die örtlichen Gegebenheiten für gut und richtig.

Föderalismus bei Epidemien hinderlich

Dass es in Deutschland keine bundeseinheitliche Regelung dazu gibt, liegt an der föderalen Struktur der Republik. Infektionsschutz ist Ländersache. Doch der Föderalismus könnte Deutschland nun auf die Füße fallen. Für die Bürger ist es nicht nachvollziehbar, warum in dem einen Ort die Schule geschlossen wird und im Nachbarort geöffnet bleibt, warum der eine in Quarantäne geschickt wird und der andere nicht. Das fördert nicht gerade das Vertrauen und schürt Unsicherheiten.

Kinder befolgen kaum Schutzregeln

Der Gesundheitsexperte der SPD Karl Lauterbach schlägt darum ein stufenweises Vorgehen vor. „Wenn es sich bestätigt, dass Kinder Erwachsene anstecken, selbst aber keine Symptome zeigen, sollten Reihenuntersuchungen in Kitas und Schulen gemacht werden“, schreibt er auf Twitter. „Da Kinder kaum Schutzregeln folgen wären dann in Zukunft Coronaferien wahrscheinlich sinnvoll.“

Tatsächlich wird man vor allem kleiner Kinder kaum dazu bringen, sich regelmäßig die Hände zu waschen, Niesetikette einzuhalten oder eine Armlänge Abstand zu halten. Darum ist das Schließen von Schulen und Kindergärten bei Epidemien eine oft praktizierte Maßnahme. Italien macht es gerade vor.

Der Berliner Virologe und Epidemiologe Christian Drosten hält dagegen Coronaferien nicht für angebracht. Schulen seien wichtig, sagte er im NDR Podcast, dagegen könne man auf Großveranstaltungen wie Fußballspiele für eine gewisse Zeit „gut verzichten.“ 

Gegen flächendeckende Schulschließungen sprechen die enormen Auswirkungen auf die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben. So ist etwa der Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), Peter Walger, strikt dagegen: Allein die Probleme, die sich aus der damit nötigen Kinderbetreuung ergäben, stünden nicht im Verhältnis zum Nutzen, sagte der auf Infektiologe der Tagesschau. Eltern müssten dann eventuell ebenfalls zu Hause bleiben - mit Folgen für deren Arbeitsstellen und das öffentliche Leben. "Es lohnt nicht, Schulen zu schließen."

Coronaferien könnten Vorsprung sichern

Doch flächendeckende Schulschließungen könnten irgendwann unvermeidlich sein. Es sei besser heute als morgen sämtliche Schulen und Kindergärten für 14 Tage schließen, meint etwa der Virologe Alexander Kekulé. Man habe zu Beginn der Ausbreitung zu wenig Schritte in die richtige Richtung unternommen. „ Ich fürchte wir werden dadurch unseren Vorsprung verlieren.“

Genau der Vorsprung gegenüber China oder Italien ist aber wichtig, die Ausbreitung des Virus zeitlich zu verzögern. Wenn sich in kürzester Zeit ganz viele Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus anstecken, dann wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spürbaren Engpässen im Gesundheitssystem führen.

Bei Maßnahmen wie Quarantäne, Absage von Großveranstaltungen und Schulschließungen geht es allein darum, die Ausbreitung zu verlangsamen. Sie werden nicht durchgeführt, weil das Virus so außerordentlich gefährlich wäre. Doch sind erst einmal die älteren Bürger infiziert, werden auch die Todesraten nach oben schnellen. 

Foto: © Adobe Stock/pololia

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Coronavirus , Infektionskrankheiten

Weitere Nachrichten zum Thema Coronavirus

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin