Corona-Pandemie trifft Depressive besonders
Bei jedem zweiten bereits an Depressionen Erkrankten in Deutschland führen die Lebensveränderungen infolge der Covid-19-Pandemie zu einer weiteren Verschlimmerung seiner psychischen Erkrankung. Das zeigen Studiendaten der „Stiftung Deutsche Depressionshilfe“, die jetzt in der Fachzeitschrift „Frontiers of Psychology“ publiziert worden sind.
Corona-Depressionen: Zwei Millionen Menschen betroffen
„Bei geschätzt mehr als zwei Millionen Menschen ist es durch die Maßnahmen gegen Covid-19 zu einer Verschlechterung der schweren, oft lebensbedrohlichen Erkrankung Depression gekommen“, warnt die Depressionshilfe aus Anlass der jetzt vorgelegten Analyse und fordert: „Dieses immense Leid muss bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Pandemiemaßnahmen berücksichtigt werden.“
„Diese negative Entwicklung der Depression hängt sowohl mit den pandemiebedingten Einschränkungen der medizinischen Versorgung für depressiv Erkrankte zusammen als auch mit dem durch Corona veränderten Lebensstil“, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Die Analyse basiert auf Daten des diesjährigen „Deutschland-Barometers Depression“, einer jährlich durchgeführten Repräsentativbefragung der Organisation. Das zentrale Ziel der Stiftung mit Sitz in Leipzig ist die Verbesserung der Situation depressiv erkrankter Menschen. Zu ihren Kernaufgaben zählen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Durchführung von Forschung, Hilfsprojekten und Weiterbildungsmaßnahmen.
Wie die Pandemie Depressionen verschlimmert
Die Ergebnisse der aktuellen Analyse zeigen: 49 Prozent der Befragten mit diagnostizierten Depression gaben an, dass sich die Maßnahmen gegen die Pandemie negativ auf ihre depressive Erkrankung ausgewirkt haben. Beispiele für daraus resultierende Verschlechterungen des Krankheitsbildes waren insbesondere diese:
- Verschlimmerung der Symptome bei bereits bestehender depressiver Episode
- neue depressive Episode
- Suizidimpulse
- Suizidversuche.
Schlechtere medizinische Versorgung: Negative Weichenstellung bei den Krankheitsverläufen
Bei den Umfrageteilnehmern, die aufgrund einer aktuellen depressiven Krankheitsphase besonders behandlungsbedürftig waren, berichten 56 Prozent von Einschränkungen in ihrer medizinischen Versorgung. Von ihnen gaben wiederrum 70 Prozent auch eine Verschlimmerung ihrer depressiven Erkrankung an. Dies war ein deutlich höherer Prozentsatz als bei denjenigen, die keine Beeinträchtigung des Zugangs zur medizinischen Versorgung feststellten (36 Prozent).
Ungünstig bei Depressionen: Fehlende Tagesstruktur und Rückzug ins Bett
Von denjenigen, die über Veränderungen im Lebensstil während der Pandemie berichteten, gaben 58 Prozent eine Verschlimmerung ihrer depressiven Erkrankung an. Auch dies war ein deutlich höherer Prozentsatz als bei denjenigen, die keine der genannten Verhaltensweisen aufwiesen. Am häufigsten trat eine Verschlechterung der depressiven Erkrankung bei denjenigen auf, die eine fehlende Tagesstruktur oder verlängerte Zeiten im Bett angaben (67 Prozent). Personen, die Bewegungsmangel angaben, berichteten ebenso von einer Verschlechterung ihrer depressiven Erkrankung (59 Prozent).
Pandemie: Anfragen für Therapieplätze steigen um 40 Prozent
Psychotherapeuten in Deutschland registrieren, dass die Nachfrage nach Therapieplätzen spürbar anzieht. Eine Umfrage der „Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung“ (DPtV) vom Februar 2020 zeigt: Allein im ersten Jahr der Pandemie nahmen die Anfragen bei Psychotherapeuten für einen Therapieplatz gegenüber der Vor-Corona-Zeit um 40 Prozent zu. „Es zeigt sich hier ein deutlich gestiegener Bedarf an psychotherapeutischer Unterstützung“, beobachtet die DPtV.