Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Corona-Impfung für Rheumatiker: Gefährlich – oder wichtig?

Mittwoch, 13. Januar 2021 – Autor:
Der Start der COVID-19-Impfungen ist verbunden mit Hoffnungen, Skepsis, Geduldsproben, Unsicherheit – und gut gemeinten Warnungen, die offenbar aber nicht in jedem Fall stimmen. Die Fachgesellschaft der Rheumatologen wirft Krankenkassen, Medien und sogar Landesregierungen „Falschinformation“ vor, wenn sie vor der Impfung von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen warnen – und empfiehlt sie „ausdrücklich“.
Rheuma - Grafik Skelett mit roten Schmerzzonen.

Anders als manche Landesregierung oder Krankenkasse rät die Fachgesellschaft der Rheumatologen Patienten ausdrücklich zu einer Impfung gegen COVID-19. – Foto: ©peterschreiber.media - stock.adobe.com

Bei rheumatischen Erkrankungen ist das menschliche Immunsystem fehlgeleitet: Es richtet sich gegen Stoffe des eigenen Körpers. Ein Beispiel: die rheumatoide Arthritis mit chronischen Entzündungen von Gelenken. Weil viele Betroffene als Dauermedikation Arzneimittel erhalten, die das Immunsystem dämpfen (Immunsuppresiva), wird derzeit kontrovers diskutiert, was eine COVID-19-Impfung für diesen Personenkreis überhaupt ist oder sein könnte: sinnvoll, vergeblich oder im schlimmsten Fall gefährlich.

Impfungen bei Rheuma: pro und contra

In der Pro-und-contra-Diskussion um Impfungen bei Rheumakranken tauchen beispielsweise folgende Thesen und Argumente auf:

  • „Impfung vergeblich“: Die Behandlung mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, bremst oder verhindert die Bildung von Antikörpern – somit verpufft eine Impfung gewissermaßen.

  • „Impfung sinnvoll“: Für Patienten mit entzündlich-rheumatischen und immunologischen Erkrankungen des Immunsystems stellen Infektionskrankheiten eine besondere Gefahr dar. Ihr Risiko, schwere Verläufe zu erleben oder gar daran zu sterben, ist deutlich höher als bei Patienten mit intaktem Immunsystem. Experten empfehlen deshalb ausdrücklich Impfungen wie die gegen Grippe (Influenza) oder die Pneumokokken-Lungenentzündung (Pneumokokken).

  • „Impfung gefährlich“: Impfungen können bei Rheuma-Patienten einen Krankheitsschub auslösen, weil die Entzündungsaktivität im Körper verstärkt wird. Impfungen mit Lebensimpfstoffen können – trotz deren Abschwächung – dazu führen, dass Patienten genau an dem erkranken, wovor sie durch die Impfung geschützt werden sollten.

In die hierzu laufende Diskussion über Impfung und COVID-19 hat sich jetzt die „Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie“ (DGRh) eingeschaltet. Die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft, die bundesweit rund 1.400 Ärzte, Psychologen und Wissenschaftler vertritt, wendet sich gegen nach ihrer Ansicht kursierende „Falschinformationen seitens Landesregierungen, Krankenkassen und Medien“. Darin würde eine COVID-19-Impfung als risikobehaftet dargestellt und von ihr abgeraten. „Dies trifft nicht zu“, betont die DGRh in einer aktuellen Stellungnahme – im Gegenteil. Stattdessen empfiehlt die Fachgesellschaft „ausdrücklich die Impfung von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“.

„Falschinformationen potenziell lebensgefährlich"

„Die Falschinformationen zur Impfung sind nicht nur unbegründet, sie sind sogar potenziell lebensgefährlich für die Betroffenen, denen man die Impfung verwehrt“, sagt Andreas Kraus, Präsident der DGRh und Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin am Immanuel-Krankenhaus Berlin. Die beiden seit Januar 2021 verfügbaren Impfstoffe der Herstelle Biontech/Pfizer beziehungsweise Moderna seien für Erwachsene ab 16 beziehungsweise 18 Jahren zugelassen. Hierin eingeschlossen seien Patienten mit chronischen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen ebenso wie jene unter immunsuppressiver Therapie, die deren körpereigene Abwehr mindert.

Der Impfstoff sei zwar für diese Patienten noch nicht systematisch getestet. „Erfahrungen mit anderen Totimpfstoffen zeigen aber, dass die Impfungen auch bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen in aller Regel sicher und wirksam durchführbar sind“, sagt DGRh-Präsident Krause. Nicht nur aus medizinischer – auch aus juristischer Sicht sei es zulässig, Menschen mit Rheuma mit den zugelassenen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 zu impfen.

Auch STIKO empfiehlt COVID-19-Impfung für Rheuma-Patienten

Bestärkt sieht sich die DGRh durch Empfehlungen der „Ständigen Impfkommission" (STIKO), die dazu rät, Patienten mit einem eingeschränkt funktionierenden Immunsystem vorrangig zu impfen. Einzige Gegenanzeige sei eine Überempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe des Impfstoffs. Darüber hinaus sollten Schwangere zurzeit nicht geimpft werden.

Foto: AdobeStock/peterschreiber.media

Hauptkategorie: Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Autoimmunerkrankungen , Immunsystem , Infektionskrankheiten , Coronavirus , Impfen

Weitere Nachrichten zum Thema COVID-19-Impfung

Angesichts hoher Ansteckungs- und Todesraten bei noch immer knappen Impfstoffverfügbarkeiten streiten Experten über die beste Strategie bei den COVID-19-Impfungen. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie plädiert dafür, zunächst lieber mehr Menschen einmal zu impfen – als weniger zweimal. Schon die erste Dosis biete nach 14 Tagen einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin