Chronisches Erschöpfungssyndrom: Physio- und Psychotherapie sollen helfen

CFS schränkt die Lebensqualität der Betroffenen massiv ein – Foto: Niki Love - Fotolia
Patienten mit Chronischem Erschöpfungssyndrom (CFS) leiden oft über Jahre oder Jahrzehnte an einer extrem starken geistigen und körperlichen Leistungsschwäche. Hinzu kommen Muskel-, Glieder- und Kopfschmerzen sowie kognitive Einschränkungen. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund 300.000 Menschen an CFS. Die Ursachen der Erkrankung sind bis heute weitgehend unklar und Therapien bleiben häufig ohne Wirkung. Vor vier Jahren hatten jedoch Wissenschaftler der Universität Oxford, des King´s College London und der Queen Mary University of London berichtet, dass kognitive Verhaltenstherapie und eine spezielle Bewegungstherapie eine Reduzierung der Symptome bewirken können. Nun haben sie in einer Nachfolgeuntersuchung die früheren Ergebnisse bestätigt.
Folgestudie bestätigt erste Ergebnisse
In der PACE-Studie (Pacing, graded Activity and Cognitive behaviour therapy – a randomised Evaluation“) hatten die Forscher 620 Patienten mit Chronischem Erschöpfungssyndrom in vier Gruppen eingeteilt. Alle Probanden erhielten eine medizinische Behandlung, die sogenannte adaptive Stimulationstherapie, sowie zusätzlich entweder eine kognitive Verhaltenstherapie (CBT), eine spezielle Physiotherapie (GET), eine Beschäftigungstherapie (APT) oder keine weitere Behandlung. Nach Angaben der Studienautoren wiesen diejenigen Patienten, die eine Verhaltens- oder Physiotherapie erhalten hatten, die besten Ergebnisse auf.
Vier Jahre später konnten die Forscher nun rund drei Viertel der ursprünglichen Studienteilnehmer für eine Folgeuntersuchung gewinnen. Nach Angaben der Wissenschaftler um Michael Sharpe von der Universität Oxford zeigte sich, dass die „Verbesserungen in der Müdigkeit und körperlichen Funktionsfähigkeit, welche in der ersten Studie für die kognitive Verhaltenstherapie und die Bewegungstherapie festgestellt wurden, sich langfristig gehalten haben“, so die Mitteilung der Universität Oxford. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin „The Lancet Psychiatrie“.
CFS keine „eingebildete“ Krankheit
Die PACE-Studie war kontrovers diskutiert worden. Offenbar fürchteten Betroffene und Mediziner, dass die Ergebnisse Vorurteile bestätigen könnten, nach denen das Chronische Erschöpfungssyndrom "nur“ ein psychisches Leiden beziehungsweise auf Bewegungsmangel zurückzuführen sei. Die Kritik an der Studie fiel daher heftig aus. Die Studienautoren erklären jedoch deutlich, dass ihre Ergebnisse nicht darauf schließen lassen, dass es sich bei der CFS um eine „eingebildete“ oder rein psychische Erkrankung handele. Sie sehen keinen Widerspruch ihrer Studie zu der Auffassung, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom eine organische Krankheit sei.
Psycho- und Physiotherapie halfen auch nicht bei allen Probanden mit CFS. Bei rund zehn Prozent der Teilnehmer zeigten sich sogar Verschlechterungen. Dies galt allerdings für alle Versuchsgruppen; somit sei nicht zu befürchten, dass einige Behandlungen alles noch schlimmer machen könnten, so Professor Peter Weiss von der Queen Mary University of London. Allerdings seien die festgestellten Verschlechterungen „auch eine Mahnung, dass die Behandlungen nicht allen Betroffenen helfen können.“ Die Erforschung anderer Therapien müsse daher fortgesetzt werden.
Hinweis: Die PACE-Studie wird seit ihrer Veröffentlichung heftig von Patientenvertreten und internationalen Wissenschaftlern für ihre qualitativen Mängel und für die Empfehlung von Aktivierungstherapie kritisiert. Viele Patienten berichten, dass körperliche Aktivierung ihnen schadet und ihren Allgemeinzustand erheblich verschlechtern kann. Zudem widerspricht eine Aktivierungstherapie dem zentralen Symptom von ME/CFS, der Zustandsverschlechterung nach körperlicher Belastung. Quelle: Deutsche Gesellschaft für ME/CFS
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