Chronische Hepatitis B: Neuer Therapieansatz ermöglicht vollständige Ausheilung
400.000 bis 500.000 Menschen in Deutschland sind nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts chronisch mit Hepatitis B infiziert. Weltweit ist sie die häufigste Virusinfektion. Zwar heilt Hepatitis B in über 90 Prozent der Fälle von selbst wieder aus, doch einige Menschen entwickeln eine chronische Infektion. Insbesondere Kinder, Senioren und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind davon betroffen.
Für eine chronische Hepatitis B gibt es bisher keine heilende Therapie. Daher gelten die Impfung bzw. die Vermeidung von Ansteckungsquellen als wichtigste Maßnahme gegen die Infektion. Forscher des Helmholtz Zentrums München, der Technischen Universität München (TUM) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) haben nun jedoch einen neuartigen Therapieansatz gefunden, mit dem eine chronische Hepatitis-B geheilt werden könnte.
Proteine hemmen körpereigene Abwehr
Durch Experimente an Mäusen fand das Forscherteam um Prof. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz Zentrum München und der TUM, heraus, dass Proteine des Hepatitis-B-Virus bestimmte Immunzellen des Körpers, sogenannte CD8-T-Zellen, hemmen. Dadurch wird eine wirksame Immunantwort des infizierten Körpers unmöglich. Auf dieser Erkenntnis aufbauend entwickelten die Wissenschaftler einen neuartigen Therapieansatz: Zuerst wird die Bildung der Virusproteine unterdrückt, um anschließend die Immunzellen durch eine Impfung zu aktivieren. Anders als bei der herkömmlichen Impfung, die einer Erkrankung vorbeugen soll, dient eine solche therapeutische Impfung der Heilung von chronischen Krankheiten.
Dafür entwickelten die Forscher zunächst eine Methode, um die Hepatitis-B-Virus-Proteine zu unterdrücken. Sie nutzen siRNAs, kleine Ribonukleinsäure-Moleküle, die sich an die Boten-RNA der Virusproteine binden. Durch die Markierung der Boten-RNA mit siRNA erhält die infizierte Zelle das Signal, dass die Virus-RNA unerwünscht ist, und baut sie ab.
Unterdrückung von Virusproteinen ermöglicht therapeutische Impfung
Dies führt zur Unterdrückung der Proteinbildung. Doch die Unterdrückung der Proteine reichte nicht aus, um die Hemmung der CD8-T-Immunzellen in chronisch erkrankten Mäusen aufzuheben. Deshalb gingen die Forscher noch einen Schritt weiter. „Wir kombinierten die siRNA-Methode anschließend mit einer von uns entwickelten therapeutischen Impfung. Dadurch gelang es uns, in den Mäusen eine starke Immunantwort gegen das Virus auszulösen. Die Hepatitis-B-Infektion heilte aus“, erklärt Dr. Thomas Michler, Arzt und Erstautor der Studie.
Der neu entwickelte Impfstoff, genannt TherVacB, soll ab 2021 in einer zweijährigen klinischen Studie erprobt werden. „Der therapeutische Impfstoff, den wir entwickelt haben, ist sehr vielversprechend, da er neutralisierende Antikörper und T-Zell-Antworten induziert“, erläutert Dr. Anna Kosinska, ebenfalls Erstautorin der Studie. Der Impfstoff soll in drei Gaben alle vier Wochen verabreicht werden. Er ist außerdem so konzipiert, dass er die Mehrheit aller vorkommenden Hepatitis-B-Viren abdeckt, und damit für Infizierte weltweit angewandt werden kann.
Hepatitis B kann zu Leberkrebs führen
Eine chronische Hepatitis-B-Infektion kann zur Leberzirrhose und Leberkrebs führen. Das Virus wird hauptsächlich über Sexualverkehr oder bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen. Weitere mögliche Ansteckungsquellen sind kontaminierte Nadeln oder Hygienemängel im medizinischen Bereich. Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko wird daher eine Impfung empfohlen.
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