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Chemotherapie: Wissenschaftler hoffen auf neuen Wirkstoff gegen Übelkeit und Haarausfall

Mittwoch, 9. April 2014 – Autor:
Chemotherapien gegen Krebs gehen oft mit schweren Nebenwirkungen wie Übelkeit, Haarausfall und Infektionen einher. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums haben nun einen Stoff entdeckt, der die Chemotherapie möglicherweise verträglicher machen könnte.
Chemotherapie: Wissenschaftler hoffen auf neuen Wirkstoff gegen Übelkeit und Haarausfall

Damit Nebenwirkungen der Chemotherapie wie Haarausfall und Übelkeit gar nicht erst auftreten, suchen Forscher nach neuen Wirkstoffen

Das Erfolgsrezept der Chemotherapie liegt in ihrer zerstörerischen Wirkung auf die DNA von sich schnell teilenden Zellen. Dazu gehören zweifelsohne Krebszellen. Doch auch gesunde Zellen wie Blut-, Haarfollikelzellen oder die Schleimhautzellen in Magen und Darm teilen sich schnell und werden so zur Zielscheibe von Chemotherapeutika. Nebenwirkungen wie Haarausfall oder Übelkeit bis hin zu lebensbedrohlichen Infektionen können die Folge sein. Aus diesem Grunde suchen Krebsforscher nach Medikamenten, die die Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe direkt verhindern können. Gleichzeit dürfen diese Mittel aber die schädigende Wirkung auf die Krebszellen nicht beeinträchtigen.

Chemotherapie: Rocaglamid kann schützen

Eine kleine Erfolgsmeldung kommt jetzt vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Wissenschaftler um Dr. Min Li-Weber haben  entdeckt, dass der pflanzliche Wirkstoff Rocaglamid gesunde Zellen vor der toxischen Wirkung der Chemotherapeutika schützen kann. Diese Erkenntnis könne die Krebstherapie in Zukunft möglicherweise verträglicher machen, heißt es in einer aktuellen Mitteilung aus Heidelberg.  

Rocaglamid verhindert den programmierten Zelltod – jedenfalls im Labor

„Rocaglamid war einer von vielen pflanzlichen Substanzen, die wir getestet haben“, sagt Studienleiterin Min Li-Weber. „Der Wirkstoff wird aus Kräutern gewonnen und seit vielen Jahren in der chinesischen Medizin beispielsweise gegen Entzündungen eingesetzt.“ In ihren Versuchen haben die Forscher weiße Blutkörperchen von gesunden Spendern mit verschiedenen Chemotherapeutika behandelt und unterschiedliche Konzentrationen an Rocaglamid zugesetzt. Das Ergebnis: „Je höher die Menge an Rocaglamid war, desto mehr weiße Blutkörperchen haben überlebt“, berichtet Min Li-Weber. Auf die Überlebensrate der im Versuch verwendeten Krebszelllinien hatte der Wirkstoff dagegen keinen Einfluss.

Tumorpatienten ohne das Protein p53 könnten künftig von dem Mittel profitieren

Um herauszufinden, wie Rocaglamid genau wirkt, verglichen die Wissenschaftler den Zustand der DNA nach der Gabe eines Chemotherapeutikums entweder mit oder ohne Rocaglamid. Die Schäden seien nahezu identisch gewesen, berichtet Erstautor Michael Becker. „Das bedeutet zum einen, dass Rocaglamid die Wirkung der Chemotherapeutika nicht direkt verhindert. Zum anderen heißt es aber auch, dass der Wirkstoff selbst keine DNA-Schäden verursacht.“

Weiter fanden die Heidelberger Wissenschaftler heraus, dass Rocaglamid die Produktion des „Wächter des Genoms“  p53 blockiert. Dieses Protein wird von Zellen mit DNA-Schäden gebildet und sorgt für den sogenannten programmierten Zelltod, das heißt die fehlerhafte Zelle stirbt ab. „Rocaglamid verhindert also, dass gesunde Zellen nach Kontakt mit einem Chemotherapeutikum das Protein p53 bilden und so den programmierten Zelltod aktivieren“, erläutert Krebsforscher Michael Becker. „Und weil p53 bei etwa der Hälfte aller Krebsarten in den Krebszellen fehlt oder defekt ist, hatte Rocaglamid in unseren Tests keinen Einfluss auf die Krebszellen.“

Beck und seine Kollegin Li-Weber halten es für durchaus möglich, dass künftig Krebspatienten, denen das Wächter Genom p53 fehlt, von Rocaglamid profitieren könnten. Der Wirkstoff schützt in ihrem Falle ausschließlich die gesunden Zellen vor den Chemotherapeutika und damit vor den gefürchteten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Haarausfall.

Bevor eine Therapie mit Rocaglamid in die klinische Anwendung kommt, müssen die Wissenschaftler aber noch mehr über Rocaglamid herausfinden. Zum Beispiel, ob es nicht etwa das Krebsrisiko erhöht, weil es ja kurzfristig den programmierten Zelltod unterbindet. Zwar haben zahlreiche andere Versuche gezeigt, dass ein kurzfristiges Blocken von p53 zu keinem erhöhten Krebsrisiko führt. Ob das allerdings auch für Rocaglamid gilt, weiß man bislang noch nicht.

Foto: © Frantab - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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