CGRP-Antikörper: Neue Option in der Migräneprophylaxe

Migränepatienten können möglicherweise von einer neuen Wirkstoffklasse profitieren
Migräne ist die häufigste neurologische Erkrankung in Deutschland. Etwa zehn bis 25 Prozent aller Frauen und acht bis zehn Prozent der Männer hierzulande leiden an den heftigen Kopfschmerzattacken – oft so stark und häufig, dass die Betroffenen eine Prophylaxe benötigen. Doch nur wenige Patienten erhalten diese. Nun steht für einige Betroffene eine neue Substanzklasse zur Verfügung: die CGRP-Antikörper. Es sind die ersten Wirkstoffe, die Migräneanfällen spezifisch vorbeugen.
„Die Erwartungen sind hoch, doch einige Patientinnen und Patienten werden nicht von der neuen Generation der Migräneprophylaktika profitieren“, erklärte Professor Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) beim diesjährigen DGN-Kongress. Zu den Antikörpern, die gegen Migräne eingesetzt werden können, gehören Eptinezumab, Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab. In Europa wurde Erenumab als erster Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor zugelassen.
Neue Antikörper haben weniger Nebenwirkungen als andere Medikamente
„Amitriptylin, die Antiepileptika Topiramat, Valproinsäure und Flunarizin sowie Betablocker sind zweifelsfrei wirksam in der Migräneprophylaxe. Sie haben aber auch erhebliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen“, sagt Diener. „Die Compliance der Medikamenteneinnahme beträgt in der Prophylaxe nach zwölf Monaten nur noch etwa 30 Prozent. Bei einem Teil der Patienten ist dies durch eine nicht zufriedenstellende Wirksamkeit der Medikamente erklärt, beim überwiegenden Anteil allerdings durch Nebenwirkungen“, so der Neurologe.
In indirekten Vergleichen sind die Antikörper zwar nicht wirksamer als die traditionellen Migräneprophylaktika, doch offenbar verträglicher - bedingt durch die hohe Spezifität der Antikörper mit einer fehlenden Interaktion mit anderen Neurotransmittern und Medikamenten. In den Studien haben nur zwischen zwei und vier Prozent aller Patienten die Behandlung wegen unerwünschter Arzneimittelwirkung abgebrochen.
Warnung vor zu hohen Erwartungen
Von einer Revolution der Migräneprophylaxe könne in Anbetracht offener Fragen, unter anderem zu den Kosten, aber auch zur Sicherheit bei bestimmten Vorerkrankungen, dennoch noch nicht gesprochen werden, so Diener. Derzeit sei daher auch nicht abzusehen, welche Migränepatienten nach Beschluss der Krankenkassen und des gemeinsamen Bundesausschusses die neue Therapie erhalten werden.
Bisher war in der Migräneprophylaxe die Wirksamkeit der Betablocker Metoprolol und Propranolol, des Kalziumantagonisten Flunarizin, der Antikonvulsiva Topiramat und Valproinsäure und des trizyklischen Antidepressivums Amitriptylin am besten belegt. Medikamentöse Therapien sollten allerdings unbedingt durch nicht nichtmedikamentöse Verfahren ergänzt werden. Dazu gehören vor allem Ausdauersport, Entspannungsverfahren und Stressmanagement.
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