Patienten, denen andere Therapien nicht helfen, erhalten getrocknete Cannabisblüten oder -extrakte in Apotheken. Die Kosten werden aber nur erstattet, wenn die Therapie wissenschaftlich begleitet wird. „Wir müssen noch mehr über den wirklichen Nutzen wissen“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Zunächst werden Pflanzen und Extrakte importiert, später soll es einen staatlich kontrollierten Anbau von Medizinal-Hanf geben. Die Deutsche Schmerzgesellschaft begrüßte den Beschluss, den therapeutischen Einsatz von Substanzen aus der Hanfpflanze, den Cannabinoiden, zuzulassen.
Cannabis hilft nur einzelnen Schmerzpatienten
Die Studienlage zur Wirksamkeit sei aber eher schwach, bestätigt auch Schmerzgesellschaft-Präsident Prof. Michael Schäfer. Cannabinoide seien bei einzelnen Schmerzpatienten ausreichend wirksam. In der Mehrheit der chronischen Schmerzpatienten zeigen sie lediglich eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung, sodass sie anderen gebräuchlichen Schmerzmitteln nicht überlegen sind.
Von Cannabinoiden profitieren anscheindend insbesondere Patienten, deren Schmerzen eine spastische Komponente haben, wie bei der multiplen Sklerose, einer Querschnittslähmung oder Nervenverletzung. Auch manche Patienten mit neuropathischen Schmerzen bei HIV, bei denen erprobte Verfahren versagen, können in Einzelfällen eine Linderung erfahren.
Hochwertige Studien zur Wirkung von Cannabis fehlen
Andere therapeutische Effekte wie die Übelkeit unterdrückende, appetitsteigernde oder antientzündliche Wirkungen werden den Cannabinoiden zugeschrieben. Jedoch liegen auch für diese Indikationen bisher keine qualitativ hochwertigen Studien vor. Die Schmerzgesellschaft fordert daher weitere Untersuchungen.
„Es bedarf einer differenzierten Betrachtung und genauen Indikationsstellung sowie Qualitätssicherung der Therapie“, so Schäfer. Unter einer Therapie mit Cannabinoiden kann es zu Nebenwirkungen kommen wie Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel, kognitive Beeinträchtigungen und Stimmungsschwankungen. Die bisherigen Studien beziehen sich auf Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis Monaten, die Risiken einer Langzeitbehandlung sind weitestgehend unklar.
Ärztekammer kritisiert Gesetzesentwurf zu Medizinal-Hanf
Verschreibungsfähig ist bislang eine Cannabinoid-Fertigarznei, ein Spray gegen schmerzhafte Spasmen bei MS. Außerdem bauen einzelne Patienten mit einer Sondergenehmigung Hanfpflanzen für den medizinischen Gebrauch selbst an.
Die Bundesärztekammer kritisiert an dem Gesetzesentwurf, dass im Gegensatz zur Fertigarznei Blüten oder Extrakt keine genaue Dosierung der medizinisch wirksamen Komponenten von Cannabis erlauben und zudem dessen Gebrauch als Joint mit den gesundheitlichen Gefahren des Tabakrauchens verbunden sei. Auch sei es nicht akzeptabel, die Patienten zu einer Begleitforschung zu verpflichten. Das neue Gesetz tritt wahrscheinlich 2017 in Kraft.
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