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BVA rügt Wildwest-Mentalität von Krankenkassen

Dienstag, 26. August 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Manche Krankenkassen gehen bei Einzelverträgen und freiwilligen Satzungsleistungen offenbar über den rechtlichen Rahmen hinaus. BVA-Präsident Dr. Maximilian Gaßner kritisiert das mit klaren Worten: „Recht setzt der Gesetzgeber und sonst niemand und schon gar nicht der, der es durch Rechtsbruch negiert.“
Kritik an Krankenkassen durch BVA-Chef Gaßner

Kann auch freundlich: BVA-Präsident Dr. Maximilian Gaßner

Vor allem eine Grundregel der Sozialversicherung stellen Krankenkassenvorstände Gaßner zufolge „durch tatsächliches Handeln oder in theoretischen Abhandlungen zunehmend in Frage“: § 30 Abs.1 SGB IV bestimmt, dass „die Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen dürfen“. Mit dieser Vorschrift kollidiert offensichtlich die Interpretation einiger Krankenkassenchefs zum neu eröffneten Kassenwettbewerb. § 11 Abs. 6 SGB V erlaubt den Krankenkassen seit 2013, bestimmte freiwillige Satzungsleistungen anzubieten.

Kassenwettbewerb muss im Rechtsrahmen bleiben

Doch viele Krankenkassen sprengen nach Auffassung der bundesweiten Aufsichtsbehörde diesen gesetzlichen Rahmen. „Legitimiert wird dies mit dem Hinweis auf den Kassenwettbewerb. Flankierend wird unter Hinweis auf Gesetzesverstöße und ihre Tolerierung durch andere Aufsichtsbehörden die Billigung der eigenen rechtswidrigen Praxis angemahnt“, so Gaßner.

Der BVA-Chef geht hart mit den Kassenvorständen ins Gericht. „Unabhängig von dem falschen Glauben mancher Kassenvorstände, dass der Kassenwettbewerb quasi automatisch Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung wie Fallobst im Herbst vom Baum des Wettbewerbs fallen lasse, ist festzuhalten, dass ein Kassenwettbewerb nur im Rahmen der vorgegebenen Rechtsvorschriften und rechtlichen Zuständigkeiten eröffnet ist“, so Gaßner im Vorwort des aktuellen BVA-Geschäftsberichts für 2013. Das Handeln der Krankenkassen tangiere in vielfältigster Weise und oft sehr intensiv die Grundrechte der Versicherten aber auch der Leistungserbringer. „Hier ist der Gesetzgeber schon von Verfassung wegen gehalten, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht der Disposition der Krankenkassen oder gar deren freien wettbewerblichen Spiel überlassen“, so Gaßner.

Es sei Aufgabe der Rechtsaufsichtsbehörde dies auch tatsächlich sicher zu stellen. „Dort wo der Gesetzgeber verbindlich rechtliche Vorgaben gemacht hat, können diese weder von den Partnern der Selektivverträge, noch von den Krankenkassen als Satzungsgeber unter Berufung auf wettbewerbliche Freiheiten außer Acht gelassen werden. Und schon gar nicht kann rechtswidriges Handeln – wie gefordert – Prüfungsmaßstab werden“, stellt der BVA-Chef klar.

Probleme mit der hausarztzentrierten Versorgung

Problematisch sind aus Gaßners Sicht auch viele Selektivverträge der Krankenkassen. Hier gelinge es dem BVA jedoch meistens im Dialog, die Krankenkassen zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen. „Auch die bei der Hausarztzentrierten Versorgung angestrebte flächendeckende Versorgung ist noch nicht erreicht“, berichtet der BVA-Chef. Bei den bestehenden Verträgen gebe es nach wie vor Probleme, die meist die finanzielle Seite betreffen. Zudem sei der Trend, Aufgaben der Krankenkassen „outzusourcen“ oder die Versicherten aus rein wirtschaftlichen Gründen „zu steuern“ ungebrochen.

Foto: Bundesversicherungamt

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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