Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bundesregierung gegen EU-Zulassung von Medizinprodukten

Freitag, 12. September 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Die Bundesregierung strebt bei der Zulassung von Implantaten und anderen Medizinprodukten keinen grundsätzlichen Systemwechsel an. Um Qualitätsprobleme in den Griff zu bekommen, will sie stattdessen an verschiedenen Stellschrauben drehen.
Register für Implantate soll Qualität der Endoprothesen verbessern

Nur mit mehreren Stellschrauben lässt sich Qualität bei Medizinprodukten steigern – Foto: Igarts - Fotolia

In ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag lehnt die Bundesregierung eine europaweite zentrale Zulassung von Medizinprodukten nach dem Vorbild der Arzneimittelzulassung ab. Es gebe keine Hinweise, dass staatliche Behörden per se für die Produktzulassung besser geeignet wären als benannte Stellen. Sie würden auch „keinen höheren Schutz vor Produktdefiziten oder Produktfälschungen bieten“, so die Regierung.

Unter dem Begriff Medizinprodukte werden zum Beispiel Rollstühle, Blutdruckmessgeräte, aber auch künstliche Hüft- und Kniegelenke, Herzschrittmacher, Zahnkronen oder Brustimplantate zusammengefasst. Anlass zum Überprüfen der Qualität solcher Produkte hat unter anderem der PIP-Skandal mit fehlerhaften Brustimplantaten im Jahr 2012 gegeben.

Nun stellte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) in seinem neuesten Gutachten fest, dass es über Qualität und klinische Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten keine befriedigenden Daten gibt. Die Gesundheitsweisen diagnostizierten auch bei den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Medizinprodukte große Datenlücken.

Neue Zulassung allein bringt nicht mehr Qualität

Die Bundesregierung hält einen Wechsel der Zulassung zu staatlichen Stellen jedoch für „sehr zeit- und bürokratieaufwendig“. Sie zeigt sich überzeugt, dass ein neues Zulassungsverfahren „allein nicht zu einer messbaren Verbesserung der Patientensicherheit führen“ würde. In ihrer Antwort weist sie zudem darauf hin, dass auch seitens der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates kein Systemwechsel gefordert werde.

Möglich sind laut Bundesregierung aber Reformen innerhalb des bestehenden Systems. In der Antwort auf die kleine Anfrage nennt die Regierung unter anderem strengere Anforderungen an die benannten Stellen, die Entwicklung spezifischer Produktanforderungen und eine verstärkte Koordinierung der Marktüberwachung.

Endoprothesenregister wird ausgebaut

Bundesgesundheitsminister Hermann Größe (CDU) hat zudem angekündigt, dass das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) weiter ausgebaut werden soll. Das EPRD ist ein Register für künstliche Hüft- und Kniegelenke. Es zielt darauf, durch die Erfassung von Langzeiterfahrungen nach Implantationen die Zahl der Wechseloperationen zu senken.

„Implantateregister können uns helfen, die Sicherheit der Produkte und die Qualität der Patientenversorgung weiter zu verbessern. Das Endoprothesenregister hat für uns Modellcharakter“, so Gröhe.

Der Probebetrieb hat nach Angaben des Gesundheitsministerium seit dem Jahr 2012 die Praxistauglichkeit des EPRD erwiesen. Mit einer neuen Förderung von 250.000 Euro will das Ministerium nun erreichen, dass möglichst viele Krankenhäuser nach dem bundesweiten Start im Jahr 2014 schnell in das System der Datenübertragung eingeführt werden können. Zudem soll die Auswertungsmethodik weiterentwickelt werden.

 

Foto: Igarts - Fotolia.com 

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Bundesgesundheitsministerium , Knie , Orthopädie , Hüftgelenk , Medizintechnik

Weitere Nachrichten zum Thema Qualität

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin