Bundesärztekammer zählt weniger ärztliche Kunstfehler

Die meisten Behandlungsfehler passieren in der Orthopädie. – Foto: mapoli-photo - Fotolia
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern haben im vergangenen Jahr bundesweit insgesamt 7215 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern getroffen. Im Jahr zuvor waren es noch über 500 mehr (7751). In beinahe drei von zehn Fällen stellten sie einen Behandlungsfehler fest (29,6%).
Für knapp jeden vierten Behandlungsfehlervorwurf bestätigten die Kammereinrichtungen einen Fehler, der einen Gesundheitsschaden verursachte. So hat ein Behandlungsfehler oder ein Risikoaufklärungsmangel bei 1774 Patienten zu einem Gesundheitsschaden geführt. Diesen Patienten sprechen die Gutachter- und Schlichtungsstellen einen begründeten Anspruch des Patienten auf Entschädigung zu. In 358 Fällen stellten die Gutachter zwar einen Behandlungsfehler und/oder Risikoaufklärungsmangel fest, der jedoch ohne Folgen für die Gesundheit des Betroffenen blieb.
Weniger Behandlungsfehlervorwürfe
Nicht nur die Zahl der Kunstfehler, sondern auch die Zahl der Fehlervorwürfe, die bei den Kammereinrichtungen eingingen, war rückläufig. Sie hat damit seit 2012 kontinuierlich abgenommen und lag 2015 bei 11822 Fällen. Am häufigsten wurden Fehlervorwürfe im Zusammenhang mit orthopädischen Behandlungen laut. Mit Abstand die meisten Vorwürfe gab es bei den Diagnosen Knie- und Hüftgelenkarthrose, gefolgt von Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen.
Gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle liegt die Zahl der festgestellten Fehler im Promillebereich. Darauf verwies Kerstin Kols, Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern. Die Zahl der ambulanten Behandlungsfälle ist zwischen den Jahren 2004 und 2014 um 152 Millionen auf 688 Millionen Fälle gestiegen. Im stationären Sektor wurden 2014 mehr als 19 Millionen Patienten behandelt, wie Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer, bei der Vorstellung der Behandlungsfehlerstatistik für das Jahr 2015 in Berlin betonte. „Da nützt es wenig, dass die Politik eine Qualitätsoffensive für das Gesundheitswesen ausgerufen hat. Qualität hat ihren Preis und deshalb brauchen wir auch eine ausreichende Finanzierung der Personalkosten“, so Crusius an die Politik.
Viele Qualitätsinitiativen und Fehlerlernsysteme
Crusius forderte, Ärzte bei ihrem Engagement für eine offene Fehlerkultur zu unterstützen. „Wir müssen wegkommen von Pauschalvorwürfen. Und ein Arzt, dem ein Fehler unterläuft, ist kein Pfuscher. Fehler können viele Ursachen haben.“ Ein Grund sei der stetig wachsende Behandlungsdruck in Kliniken und Praxen, meint der Ärztefunktionär. Er plädierte für ein Lernen aus Fehlern: „Überall wo Menschen arbeiten, passieren Fehler – auch in der Medizin. Wir gehen aber offen mit unseren Fehlern um, wir lernen aus Ihnen und wir verhelfen betroffenen Patienten zu ihrem Recht.“
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