Bundesärztekammer kritisiert IGeL-Monitor
Darf’s ein bisschen mehr sein? Nach einer repräsentativen Umfrage der Techniker Krankenkasse bekommt jeder zweite Patient beim Arztbesuch eine Individuelle Gesundheitsleistung – kurz IGel - angeboten. Dabei handelt es sich um eine Leistung, die aus der eigenen Tasche bezahlt werden muss. Besonders betroffen sind mit 58 Prozent Frauen, nicht zuletzt, weil Gynäkologen auf Rang eins der IGeL-Verkäufer stehen. Doch weil das Angebot für Patienten extrem schwer zu beurteilen ist, gibt es seit drei Jahren den IGeL-Monitor. Das Internetportal des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS) will Patienten Transparenz und Orientierung geben. 37 IGeL-Angebote hat das Wissenschaftliche Team des MDS mittlerweile bewertet und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: „Die Mehrzahl der IGeL schneidet schlecht ab und hat keinen nachweisbaren Nutzen für die Patienten oder sie können sogar schaden“, fasst MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick zusammen.
Experten fordern Bedenkzeit vor dem IGeLn
Der den Kassen nahestehende Experte hält die Entwicklung auf dem boomenden IGeL-Markt für bedenklich. „Die Patientinnen und Patienten werden nicht ausreichend über Nutzen und Risiken informiert. Alternativen, die von den Kassen bezahlt werden, werden oft nicht genannt“, sagt er und fordert, die Versicherten sollten in der Praxis auf Bedenkzeit, Informationen und einem schriftlichen Vertrag bestehen: „IGeL sind nie dringend. Es gibt keinen Grund, sich drängen zu lassen“, erklärt Pick.
Die Bundesärztekammer findet das zwar auch. Den IGeL-Monitor sieht die Ärztevertretung allerdings kritisch. "Mit dem IGeL-Monitor unternehmen die Krankenkassen den Versuch, Nutzen und Risiken von ausgewählten Individuellen Gesundheitsleistungen nach wissenschaftlichen Methoden zu prüfen und zu bewerten“, sagt der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery. „Wenn es den Kassen aber wirklich darum geht, ihre Versicherten seriös und umfassend zu informieren, müssen sie für mehr Transparenz bei der Bewertung und bei den daran beteiligten Personen sorgen.“ Problematisch seien vor allem die offenbar rein politisch motivierte Auswahl der bewerteten IGeL und die nicht kommunizierten Kriterien, nach denen IGeL zur Bewertung ausgewählt werden, kritisiert Montgomery.
Auf dem IGeL-Monitor ist nur ein Bruchteil der IGeL zu finden
Allein die MEGO-Liste, aus denen der Monitor die 37 bewerteten IGeL ausgewählt hat, enthält über 360 IGeL. Darüber hinaus sind dem Arzt beim Anbieten von Leistungen praktisch kaum Grenzen gesetzt. Die Bundesärztekammer rät deshalb allen Patienten, sich umfassend über das Für und Wider von Selbstzahlerleistungen zu informieren. Eine Möglichkeit ist der Ratgeber „Selbst zahlen?“, an dem neben der Bundesärztekammer und der Kassenärztliche Bundesvereinigung auch zahlreiche Ärzteverbände, Patientenorganisationen sowie das Deutsche Netzwerk für Evidenzbasierte Medizin mitgearbeitet haben. Der Ratgeber beinhaltet unter anderem eine Checkliste sowohl für Patienten als auch für Ärzte zum Umgang mit IGeL. Er erklärt, was IGeL sind, warum gesetzlich Versicherte dafür zahlen müssen und worauf jeder Patient achten sollte, der von seiner Ärztin oder seinem Arzt eine solche Leistung angeboten bekommt oder sie von sich aus wünscht.“ Motgomery: „Wichtig ist es, Patienten und Ärzten seriöse Informationen zum richtigen Umgang mit IGeL an die Hand zu geben.“