Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bundesärztekammer fordert Staatshaftung für Geburtsrisiken

Mittwoch, 21. Mai 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Geburtsrisiken gehören in die Staatshaftung. Mit dieser Auffassung schlägt Bundesärztekammerpräsident Frank-Ulrich Montgomery eine neue Lösung für die Haftpflichtproblematik - nicht nur bei den Hebammen - vor.
Der Staat soll für Geburtsrisiken haften, fordert die Bundesärztekammer

Bundesärztekammerpräsident Frank-Ulrich Montgomery fordert eine umfassende Lösung der Haftpflichtproblematik in der Geburtshilfe

Nicht nur Hebammen seien steigenden Haftpflichtprämien betroffen. Etwa 1,5 Prozent aller Geburten würden von freiberuflichen Hebammen betreut. „Die Problematik der Haftpflichtprämien besteht aber genauso bei niedergelassenen Ärzte, Krankenhausärzten oder Krankenhausabteilungen“, sagte Montgomery am Mittwoch in Berlin.

Statt Einzellösungen für die einzelnen Gruppen schlug er „eine Art Staatshaftung für das Risiko Geburt“ vor. Ausgenommen davon soll nach seinen Vorstellungen das Risiko der groben Fahrlässigkeit sein. Es sollte weiterhin über Haftpflichtversicherungen abgesichert werden. Diese Staatshaftung gilt nach seinen Angaben zum Beispiel bei Impfschäden. Montgomery hält sie auch bei Geburten für angebracht, weil Geburtshilfe eine gesellschaftliche Aufgabe sei.

Haftpflichtproblematik bedroht wohnortnahe Geburtshilfe

Die steigenden Haftpflichtprämien hingen nicht etwa mit einer Zunahme der Kunstfehler, sondern damit zusammen, dass die Gerichte den Eltern heutzutage höhere Entschädigungssummen zubilligen, „was wir für richtig halten“, so der Ärztepräsident. Problematisch sind aus seiner Sicht aber die Haftungsregelungen. „Erhebliche Entlastung“ um 30 bis 40 Prozent brächte es Montgomery zufolge auch, das mit den Regressforderungen der Krankenkassen verbundene Risiko bei den Krankenkassen verbliebe.

Der Ärztepräsident forderte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Vorfeld des Deutschen Ärztetages in Düsseldorf auf, bei der Lösung der Haftpflichtproblematik „neue Wege“ zu gehen. „Wir werden sonst erleben, dass zunehmend in kleineren Krankenhäusern und belegärztlichen Stationen die Geburtshilfe wegbricht“, warnte der Ärztepräsident. Übrig blieben nur noch große Geburtszentren. Das sei mit dem Anspruch flächendeckender wohnortnaher Versorgung nicht vereinbar.

Gefordert: Qualitätsinstitut mit ärztlichem Sachverstand

Änderungen mahnte Montgomery auch bei den Plänen des Gesundheitsministers für ein Qualitätsinstitut an. Die Bundesärztekammer fordert gemeinsam mit ihren Schwesterorganisationen Zahnärzte- und Psychotherapeutenkammer, dass sie mit je einem Sitz im Vorstand der Stiftung und einem unmittelbaren Antragsrecht beim Gemeinsamen Bundesausschuss ausgestattet werden. Nötig sei keine Behörde um Qualität zu verwalten, sondern Unterstützung, um Qualität zu produzieren, sagte Montgomery. „Das geht aber nur, wenn man ärztlichen Sachverstand ausreichend einbindet.“

Über das Qualitätsinstitut berät aktuell der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages im Rahmen einer öffentlichen Anhörung zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FQWG).

Mit Blick auf den Deutschen Ärztetag richtete Montgomery eine Reihe weiterer Forderungen an Gröhe. Hohe Priorität räumt er unter anderem auch einer Reform der Krankenhausfinanzierung ein. Er erwartet eine „deutliche“ Regelung zur Investitionsfinanzierung durch die Länder und „Sonderlösungen“ für Unikliniken und kleine Grundversorger im Rahmen der Fallpauschalenvergütung.

Foto: Gesundheitsstadt Berlin (Archivbild)

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

Weitere Nachrichten zum Thema Geburtshilfe

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin