Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Borderline verursacht immense volkswirtschaftliche Kosten

Donnerstag, 27. November 2014 – Autor:
Die Persönlichkeitsstörung Borderline kostet die deutsche Volkswirtschaft jährlich rund 8,7 Milliarden Euro. Das haben Wissenschaftler aus Braunschweig ausgerechnet. Die Psychologen plädieren nun, mehr Geld in Behandlungsprogramme zu investieren – um Kosten zu sparen.

Borderline: Durch gezielte Behandlungsprogramme könnte den Patienten geholfen werden und die Gesellschaft eine Menge Geld sparen

Borderline ist eine seltene Persönlichkeitsstörung, die aber offenbar immense Kosten verursacht. Nach neuesten Berechnungen der TU Braunschweig werden das Gesundheitssystem und die Wirtschaft direkt und indirekt mit jährlich 8,69 Milliarden Euro belastet. Die Psychologen nennen in ihrer Studie zum Beispiel häufige Krankenhausaufenthalte und Aufnahmen in der Notfallambulanz als Kostenverursacher. Darüber hinaus schlagen Arbeitslosigkeit, Frühverrentung und krankheitsbedingte Fehltage für die gesamte Gesellschaft zu Buche. „Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass wir es nicht nur mit einem medizinischen Problem zu tun haben, sondern wir uns als Gesellschaft, vor allem in Fragen der Früherkennung und Therapie, den Betroffenen verstärkt zuwenden müssen“, appelliert Kröger.

Borderline: Behandlungen sparen Geld

Wenn jeder zweite Borderline-Patient adäquat behandelt würde, könnte die Gesellschaft jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro sparen

In ihrer Studie hatten die Braunschweiger forscher errechnet, dass sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten senken ließen, wenn Borderline-Patienten eine Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) erhielten. Studien haben vielfach zeigen können, dass die Therapie Borderline-Patienten hilft, die Leiden zu verringern und ihre Lebensqualität zu verbessern. In ihrer Kosten-Nutzen-Analyse zeigen die Forscher auf, dass sich mit der Reduktion von schwerem selbstverletzendem Verhalten auch die Kosten für die Behandlung der Patienten und Patentinnen im Krankenhaus reduzieren lasse, da etwa Krankentransporte und Notfallbehandlungen seltener nötig seien. Nach ihren Schätzungen könnten für jeden investierten Euro rund 1,52 Euro pro Jahr gespart werden. Rechne man dieses Ergebnis auf die deutsche Bevölkerung hoch, so Kröger und sein Team, könnten jedes Jahr Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Euro für Gesundheitssystem, Gesellschaft und Wirtschaft erzielt werden, wenn sich nur jeder zweite Betroffene behandeln ließe.

Selbstverletzungen und Selbstmordversuche

„Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Investition in die DBT-Behandlung finanziell gesehen, bereits ab dem ersten Patienten lohnt. Unabhängig davon, wie viele Betroffene bereit wären, sich behandeln zu lassen, fällt die Kosten-Nutzen-Relation bei einer erfolgreichen Therapie stets positiv aus“, erläutert die Braunschweiger Psychologin Eva-Maria Wunsch. „Mit unseren Studienergebnissen möchten wir Entscheidungs- und Kostenträgern aufzeigen, dass es sich für die Betroffenen und für die Gesellschaft im besten Sinne ‚lohnt‘, derartig aufwändige und damit auch kostenintensive Therapien in Deutschland zu verbreiten und zu finanzieren“, fasst Dr. Christoph Kröger zusammen.

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine relativ seltene psychische Erkrankung. Experten gehen davon aus, dass rund 0,5 bis 1,4 Prozent der Bevölkerung in Deutschland davon betroffen sind. 70 Prozent fügen sich Selbstverletzungen zu und etwa 80 Prozent mindestens einen Suizidversuch in ihrem Leben.

Foto: © Jürgen Fälchle - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Psychische Krankheiten , Psychiatrie

Weitere Nachrichten zum Thema Psychische Erkrankungen

23.06.2018

Forscher haben in einer aktuellen Studie wichtige molekulare Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen nachweisen können. Die Ergebnisse könnten dazu führen, die Diagnosekriterien für psychische Erkrankungen neu zu überdenken.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin