„Boomeranging back“: Zurück ins Elternhaus macht junge Menschen depressiv

Wieder zurück zu den Eltern zu ziehen, ist eine große psychische Belastung
Oft sind es wirtschaftliche Gründe, die junge Menschen zwingen, wieder zu den Eltern zu ziehen. Was die Amerikaner „Boomeranging back“ nennen, ist auch in vielen Ländern Europas zu beobachten. In den USA ist der Anstieg jedoch dramatisch. Aktuelle Schätzungen des Pew Research Center zeigen, dass heute mehr US-amerikanische Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren bei ihren Eltern leben als alleine oder mit einem Partner: 1960 lebten 62 Prozent der jungen Erwachsenen in ihrem eigenen Haushalt, 2014 waren es nur noch 31,6 Prozent.
Kein Geld für eine eigene Wohnung
Eine der Hauptursachen dafür ist, dass die jungen Leute erst später oder gar nicht die wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen und später eine Familie gründen. Gut bezahlte Vollzeitarbeitsplätze sind für junge Menschen in den Vereinigten Staaten rar, und die verfügbaren Stellen erfordern immer längere Ausbildungszeiten. Andere Untersuchungen zeigen, dass die Finanzkrise von 2008 junge Erwachsene besonders hart getroffen hat und dass sie zunehmend auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen sind, die sie in finanziellen Notlagen unterstützen, wozu auch die Rückkehr ins Elternhaus zählt.
Forscher um Jennifer Caputo vom Max-Planck-Instituts für demografische Forschung haben nun die psychische Verfassung dieser Rückkehrer untersucht. Dafür nutzten sie Daten aus der National Longitudinal Study of Adolescent to Adult Health, kurz Add Health, die Jugendlichen bis ins junge Erwachsenenalter begleiteten. Die Informationen zu den Wohnverhältnissen stammen aus den Jahren 2002 bis 2008, als die Teilnehmer zwischen 24 und 32 Jahre alt waren.
„Boomeranging back“ wirkst sich auf Psyche aus
„Wir wissen viel über die Gründe, warum junge Erwachsene zu den Eltern zurückkehren, aber es gibt kaum Untersuchungen darüber, wie sich das auf ihre psychische Gesundheit auswirkt”, sagt Jennifer Caputo.
In ihrer Untersuchung konnte Caputo nun zeigen, dass „Boomeranging back“ mit einer Zunahme an depressiven Symptomen bei den Betroffenen einhergeht. „Die Rückkehr ins Elternhaus nach einer Zeit der Unabhängigkeit kann deprimierend sein. meine Ergebnisse weisen darauf hin, dass die eigene Wohnung immer noch ein Maßstab dafür ist, ob man Unabhängigkeit erreicht hat.“
Gefühl, versagt zu haben
Der Untersuchung zufolge leben Männer und ethnische Minderheiten häufiger bei ihren Eltern als Frauen und weiße junge Erwachsene. Allein lebende junge Erwachsene sind demnach weniger deprimiert, finanziell besser gestellt und haben zudem häufiger andere Meilensteine des Erwachsenwerdens erreicht wie zum Beispiel einen Job oder einen Ehepartner. Diejenigen, die nach einer Zeit der Unabhängigkeit zu ihren Eltern zurückkehren, haben häufiger persönliche Rückschläge erlitten, wie Verlust der Einkommensquelle und der Partnerschaft.
Caputo: „Wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit gilt als eines der Merkmale für einen erfolgreichen Übergang in das Erwachsenenalter, gleiches gilt für das Leben in der eigenen Wohnung. Wenn diese Ziele nicht erreicht werden, kann dies dazu führen, dass bei den Betroffenen das Gefühl entsteht, versagt zu haben.”
Als nächstes möchte die Demografieforscherin die psychische Verfassung der Eltern untersuchen. Denn auch die Eltern berührt es, wenn ihr Kinder wieder zu ihnen zieht. Es sei durchaus möglich, meint Caputo, dass ein erwachsenes Kind, das wieder zu Hause leben muss, auch für die Eltern eine enttäuschende, anstrengende und deprimierende Erfahrung sein könne.
Foto: DAK