Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bluttest soll Krebsfrüherkennung ermöglichen

Dienstag, 24. Mai 2016 – Autor:
Die französische Onkologin Prof. Patrizia Paterlini-Bréchot hat einen einfachen Bluttest entwickelt, der die Früherkennung von Krebs lange vor einer Diagnose oder möglichen Symtomen ermöglichen soll. Darüber berichten die Presseagentur AFP und verschiedene Medien.
Blutprobe

Bluttest spürt Tumorzellen im Blut auf – Foto: Shawn Hempel - Fotolia

Patrizia Paterlini-Bréchot forscht als Zellbiologin an der Medizinischen Fakultät Necker-Enfants malades (Universität Paris-Descartes). Durch Tierversuche ist bekannt, dass Tumorzellen schon lange im Blut zirkulieren bevor Metastasen auftreten. Oft sterben Krebs-Patienten an den Metastasen und nicht am Primärtumor.

Die Wissenschaftlerin entwickelte den so genannten ISET-Test. Dafür sind zehn Mililiter Blut nötig. Die Blutprobe wird gefiltert und durch eine Membran geleitet. Diese funktioniert wie ein Sieb und ist durchlässig für alle Partikel, die kleiner als 0,008 Millimeter sind. Die weißen und roten Blutkörperchen passieren die Membran, die größeren Tumorzellen werden aufgehalten und können dann isoliert und im Labor untersucht werden.

Einfacher Bluttest machte Krebsfrüherkennung möglich

Die Wirksamkeit des Tests wurde den Berichten zufolge im Universitätsklinikum Nizza erprobte. Dort wurde eine Gruppe von Risiko-Patienten – allesamt starke Raucher, die bereits an einer Lungenkrankheit litten - sechs Jahre lang beobachtet. Durch den Test erfassten die Forscher Tumorzellen im Blut von fünf Patienten, bevor ein Lungenkrebs durch radiologische Verfahren wie CT oder MRT zu erkennen war. Diese Patienten wurden operiert und vom Krebs befreit.

Wenn Tumorzellen aufgefangen werden, ist im Normalfall nicht klar, wo der Krebs zu lokalisieren ist. Dann würde je nach gesundheitlicher Vorgeschichte bei Frauen etwa zunächst nach einem Brustkrebs und bei Männern nach einem Prostata-Krebs gesucht, so die Wissenschaftlerin. Werden die Mediziner nicht fündig, werde weiter gefahndet. Der Test soll auf lange Sicht so weiterentwickelt werden, dass bestimmte Proteine in den Tumorzellen darüber Auskunft geben, aus welchem Organ sie stammen.

Bluttest soll Krebs-Rezidive anzeigen

Derzeit könne der Test vor allem bei Patienten eingesetzt werden, die von einem Krebs geheilt wurden, um zu überprüfen, ob es womöglich ein Rezidiv gab und sich ein neuer Tumor gebildet hat. Der ISET-Test kostet 486 Euro und wird von der staatlichen Krankenversicherung in Frankreich nicht erstattet.

Auch in Deutschland arbeiten Biotech-Firmen wie Sysmex oder GATC schon länger an Krebs-Analyse-Verfahren mittels Blutprobe („Flüssige Biopsie“). Sie werden bislang vor allem in der Forschung eingesetzt, sagt Dr. Helge Schnerr vom Hersteller GATC. Ein von der Firma entwickelter Test isoliert im Blut Tumor-DNA und werde derzeit verwendet, um eine Krebs-Diagnose zu bestätigen, einen Tumor genauer zu analysieren und beispielsweise das Ansprechen auf Medikamente zu überprüfen.

Die Tumor-DNA zirkuliere weitaus früher im Blut als die Tumorzellen, die erst bei einem Krebs im fortgeschrittenen Stadium abgegeben würden. Eine pauschale Krebsfrüherkennung über Tumorzellen bei Patienten ohne jegliche Diagnose oder Anfangs-Verdacht hält Schnerr daher für eher unrealistisch beziehungsweise noch zu wenig erprobt.

Krebsforschungszentrum wartet auf mehr Studiendaten

Auch beim Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) heißt es: Für die pauschale Früherkennung von Krebs mittels Blutprobe lägen in der Regel noch zu wenige Daten aus Studien vor, um möglichen Nutzen und Schaden im Rahmen eines Krebs-Screenings gesichert beurteilen zu können. Es bleibe abzuwarten, ob die bereits kommerziell vermarkteten Tests genau genug sind, um sich im Rahmen der Früherkennung zu bewähren.

Solch ein Test wäre für die Patienten auch mit möglichen Belastungen und Risiken verbunden: So könnte ein Krebs entdeckt werden, der unentdeckt gar nicht hätte behandelt werden müssen. Oder es werden Tumorzellen entdeckt, ohne dass sich der Tumor dann lokalisiert lässt.

Foto: Shawn Hempel

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Krebsfrüherkennung

Weitere Nachrichten zum Thema Krebsfrüherkennung

21.08.2017

Seit zweieinhalb Jahren bietet das discovering hands Zentrum in Berlin einen besonderen Service an: Blinde oder sehbehinderte Frauen, die dafür speziell ausgebildet wurden, tasten im Rahmen der Brustkrebsfrüherkennung die weibliche Brust auf Gewebeveränderungen ab. Ihre Erfolgsbilanz ist beeindruckend.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin