Bluthochdruck: Gleiche Zielwerte für alle
Soeben haben die European Society of Hypertension (ESH) und die European Society of Cardiology (ESC) ihre Leitlinie zum Management von Bluthochdruck aktualisiert. Die vielleicht wichtigste Neuerung der neuen Leitlinie ist, dass für die meisten Patienten nun die gleichen Blutdruck-Zielwerte gelten. Dies gilt auch für Menschen mit Vorerkrankungen wie Herz- oder Nierenschäden. Nach Ansicht des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Hochdruckliga Professor Dr. med. Hans-Georg Predel vereinfacht dies die Therapie bei Bluthochdruck maßgeblich und kommt der Realität weitaus näher als die bisherigen Anforderungen. Bisher lagen die Zielwerte für Hochrisikopatienten bei 130/80 mmHg, wurden aber selten erreicht. „Das erzeugte häufig Frustration bei Ärzten und Betroffenen“, meint Predel.
Nun gelten ab sofort Werte unter 140/90 mmHg als Zielblutdruck für die Mehrzahl aller Patienten. Denn gemäß einer kritischen Analyse der Studienlage ist ein Vorteil niedrigerer systolischer Werte unter 130 mmHg nicht belegt. Im Gegenteil: Eine zu aggressive blutdrucksenkende Therapie könne unter Umständen mehr schädigen, als ein etwas höherer Wert, meint Professor Dr. med. Reinhold Kreutz, Sprecher der Sektion Arzneimittel der Deutschen Hochdruckliga
Neue Leitlinie: Salzkonsum halbieren, Rauchen am besten aufgeben
Konsequenter als bisher fordert die neue Leitlinie ein strikteres Vorgehen bei der Prävention von Bluthochdruck und der Nutzung nicht-medikamentöser therapeutischer Maßnahmen: „Häufig, insbesondere bei leichten Blutdruckerhöhungen, reichen schon konsequente Änderungen im Lebensstil, um den Blutdruck nachhaltig zu senken“, sagt Professor Predel. Daher sei es wichtig, konsequent auf das Rauchen zu verzichten, mindestens 30 Minuten täglich durch moderates, dynamisches Training körperlich aktiv zu sein und sich gesund, vorzugsweise „mediterran“ zu ernähren. Auch sollte der Salzkonsum eingeschränkt werden auf maximal fünf bis sechs Gramm pro Tag und damit auf nur halb so viel wie bislang tatsächlich durchschnittlich konsumiert wird. Rauchen, Bewegungsmangel und falsche Ernährung sind die größten Risikofaktoren für Bluthochdruck, ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko und damit für folgeschwere Erkrankungen.
Medikamentöse Kombinationstherapie bei Bluthochdruck effektiver
Auch bei der Wahl der Medikamente ergibt sich eine weitere wichtige Änderung für Ärzte. Die Leitlinien betonen die Notwendigkeit, dass bei Hochrisikopatienten häufig nur eine Kombination aus mindestens zwei Medikamenten den Blutdruck anhaltend senken kann und geben praktische Hinweise für Kombinationsstrategien. „Wichtiger als die Methode der Senkung ist, dass der Patient den Zielwert in angemessener Zeit erreicht. Daher begrüßen wir die neuen Bestimmungen, die hier die Verantwortung stärker in die Hände des behandelnden Arztes legen“, betont Kreutz. Dieser könne aus fünf Medikamentengruppen frei wählen und damit die Therapie individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abstimmen.
Gleichzeitig werten die Leitlinien die ambulante 24-Stunden- sowie die eigenständige Blutdruckmessung der Patienten auf. Denn die bisher üblicherweise praktizierte Messung in der Arztpraxis bilde die Lebenssituation der Patienten nicht ausreichend ab und kann zu Fehldiagnosen führen, so die Bluthochdruck-Experten. Sie schließen sich der Forderung der Leitlinien-Autoren an, diese Verfahren außerhalb der Praxis verstärkt bei Diagnosestellung und langfristiger Betreuung der Patienten zu berücksichtigen.
Derzeit bereitet die Deutsche Hochdruckliga, in Anlehnung an die neue europäische Leitlinie, ihre aktualisierten Therapieempfehlungen in deutscher Sprache vor.
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