Blasenschwäche: Erfolgreiche OP auch bei älteren Patientinnen möglich

Bei Harninkontinenz kann eine Operation wirksam Abhilfe schaffen – Foto: ©Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com
Bei Blasenschwäche sind grundsätzlich zwei verschiedene Formen zu unterscheiden: Belastungsinkontinenz und Dranginkontinenz. Bei der Belastungsinkontinenz kommt es in Folge von Husten, Lachen, Niesen oder Heben von schweren Gewichten zu ungewolltem Harnverlust. Die Ursache ist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur, die dazu führt, dass der Schließmechanismus der Harnröhre nicht mehr zuverlässig arbeitet. Bei der Dranginkontinenz spüren Betroffene ganz plötzlich einen starken Harndrang – häufig schaffen sie es dann nicht mehr rechtzeitig zur Toilette. Ursache können wiederholte Harnwegsinfektionen sein. Sehr häufig kommen auch Mischformen der Drang- und Belastungsinkontinenz vor. Grundsätzlich sind beide Formen gut zu behandeln, z. B. durch Medikamente oder Physiotherapie.
Vaginalband häufigste Operationsmethode
Versagen andere Methoden der Behandlung, kann auch eine Operation in Erwägung gezogen werden. Älteren Frauen mit Blasenschwäche wird jedoch häufig davon abgeraten – zu Unrecht, wie eine Studie nun gezeigt hat. Für die Analyse wertete der Gynäkologe Ralf Joukhadar vom Universitätsklinikum Würzburg Krankenakten der Universität Homburg/Saar aus, wo er bis 2015 als Leiter der Urogynäkologie tätig war. Zwischen Juli 2012 und Ende Dezember 2014 hatten sich dort 407 Frauen einer Operation gegen Blasenschwäche unterzogen. 129 Teilnehmerinnen waren über 70 Jahre alt.
Während sich die unter 70-jährigen Patientinnen häufiger mit einer Belastungsinkontinenz vorstellten, wiesen die älteren mehrheitlich eine Senkung der Genitalorgane oder des Beckenbodens auf. Unabhängig vom Alter legten die behandelnden Ärzte meistens ein Vaginalband zur Stabilisierung der Harnröhre ein. Lag eine Beckenbodensenkung vor, entschieden sich die Chirurgen allerdings bei über 70-jährigen Frauen häufiger für laparoskopische Sakropexie: Dabei wird der sich senkenden Anteil (Gebärmutter, Scheide, Blase) unter Anwendung eines vaginalen Netzimplantats mit dem Kreuzbein verbunden.
Operationserfolg bei älteren Frauen bei über 80 Prozent
In manchen Fällen legten die Ärzte ein Netz im Bereich der Scheide ein. Dieser Eingriff ist durch örtliche Betäubung der Rückenmarksnerven möglich und kann somit älteren Patientinnen die Vollnarkose ersparen. Wie sich zeigte, lag die Erfolgsquote der Operationen bei älteren Frauen bei rund 84 Prozent und bei jüngeren Frauen bei fast 93 Prozent. Für Studienautor Joukhadar sprechen die Ergebnisse dafür, in Zukunft bei Operationen von älteren Patientinnen mit Blasenschwäche weniger zurückhaltend zu sein – jedenfalls solange es ihr Allgemeinzustand erlaubt.
Blasenschwäche kann unterschiedliche Ursachen haben
Rund sechs Millionen Deutsche leiden unter einer Einschränkung der Blasenfunktion. Durch anatomische und hormonelle Unterschiede sind Frauen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Schätzungen zufolge leiden ab einem Alter über 60 Jahren 40 Prozent der Frauen an Blasenschwäche.
Eine Blasenschwäche kann unterschiedliche Ursachen haben, beispielsweise einen Tumor, eine Rückenmarksverletzung, Multiple Sklerose oder ein schwerer Bandscheibenvorfall. Meistens finden sich jedoch keine konkreten Ursachen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Blasenschwäche wird jedoch durch verschiedene Faktoren erhöht. Dazu gehören:
- Häufige Harnwegsinfektionen
- Schwangerschaft und Geburt
- Unterleibsoperationen
- Schwäche der Beckenbodenmuskulatur
- Schwäche des Bindegewebes
- Senkung von Gebärmutter und Beckenboden
- Wechseljahre und Östrogenmangel
Inkontinenz zweithäufigster Grund für Pflegebedürftigkeit
Eine Blasenschwäche mindert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und kann weitreichende Folgen haben. „In Deutschland stellt die Harninkontinenz nach der Immobilität die zweitwichtigste Ursache für eine häusliche Krankenpflege dar; bis zu 50 % der Einweisungen in Altenheime sind direkt oder indirekt durch Inkontinenz verursacht“, so Joukhadar. Eine wirksame und rechtzeitige Behandlung ist daher besonders wichtig.
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