Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bewegung kann so wirksam sein wie Medikamente

Samstag, 17. November 2018 – Autor: Anne Volkmann
Bei fast allen Erkrankungen wird körperlicher Aktivität ein positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf nachgesagt. Zum Teil wird sie sogar schon gezielt als Therapie eingesetzt. Eine Meta-Analyse zeigt nun: Durch körperliche Aktivität kann die Gesamtsterblichkeit um 30 bis 40 Prozent gesenkt werden.
Sport, Bewegung, Gesundheit

Bewegung ist gut - aber es muss nicht gleich Hochleistungssport sein

Wie positiv sich körperliche Aktivität auf die Gesundheit auswirken kann, hat bereits eine Reihe von Studien gezeigt. Nun hat eine Meta-Analyse die Gesamtwirkung von Sport auf die Morbidität und Mortalität der Bevölkerung sowie die Wirkung in einzelnen Bereichen untersucht. Die Studie „Körperliche Aktivität als Medikament“ wurde im Juli 2018 in der Publikation „Arzneiverordnung in der Praxis“ veröffentlicht, welche vierteljährlich von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft herausgegeben wird.

Grundlage der Auswertung waren mehrere Studien mit insgesamt über einer Millionen Probanden. Eines der Ergebnisse: Durch körperliche Aktivität können Gesamtmorbidität und -mortalität der Bevölkerung um 30 bis 40 Prozent gesenkt werden – jedenfalls im Vergleich mit Personen, die keinerlei Bewegung in ihren Alltag einbauen oder keinen Sport treiben, also nahezu inaktiv sind.

Bewegung wirkt nicht nur präventiv, sondern auch als Therapie

Es gilt heute als gesichert, dass Bewegungsmangel oder langes Sitzen neben dem Rauchen die wichtigsten Risikofaktoren für verschiedene Krankheiten darstellen. Regelmäßige Bewegung wird daher schon seit längerem sowohl zur Prävention als auch zur Rehabilitation eingesetzt. Seit einiger Zeit wird körperliche Aktivität aber auch zunehmend gezielt als Therapie empfohlen. Dies gilt für kardiovaskuläre Erkrankungen, aber auch für Stoffwechsel-, neurologisch-psychiatrische und viele andere Erkrankungen.

Muskeln und Herz-Kreislauf-System profitieren am meisten von Bewegung

Bewegung hat vielfältige Auswirkungen auf die Organe und Organfunktionen. Vor allem das Muskel- und Skelettsystem wird positiv beeinflusst. Auch kommt es im Laufe der Zeit zu Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems, einer Blutdrucksenkung und einer verbesserten Endothelfunktion. Zahlreiche Studien zeigen, dass körperliche Aktivität bei koronarer Herzkrankheit zu einer signifikanten Senkung der Sterblichkeit führt. Auch bei der Herzinsuffizienz wird heute – im Gegensatz zu früher – zu körperlicher Aktivität geraten. Ebenso wirkt sich der Metaanalyse zufolge bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ein konsequentes Gehtraining positiv aus – offenbar sogar besser als oder gleich gut wie eine Gefäßdilatation mit Stenteinlage.  

Körperliche Aktivität kann Nebenwirkungen einer Chemotherapie reduzieren

Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei Diabetes mellitus. Körperliche Aktivität kann die benötigte Menge an Medikamenten senken und die Insulinresistenz reduzieren. Morbidität und Mortalität werden langfristig gesehen um bis zu 40 Prozent gesenkt. Ebenfalls zu sportlichen Aktivitäten geraten wird bei vielen Lungenerkrankungen und einer chronischen Nierenerkrankung.  

Auch in der Onkologie wird körperliches Training heute als wesentlicher Bestandteil der Therapie angesehen – vor allem während einer Chemotherapie. Hier kann Bewegung dazu beitragen, die Therapie besser zu verkraften. Bewegungstherapien werden ebenfalls bei Osteoporose, neurologischen Erkrankungen und zur Verbesserung der Stoffwechselfunktion empfohlen. Beim Fatigue-Syndrom gilt körperliche Aktivität derzeit als effektivste Behandlungsform.  

Depressionen können durch Sport reduziert werden

Auch in der Psychiatrie gilt regelmäßige Bewegung als wichtige Begleittherapie, zum Beispiel bei der Behandlung von Depressionen. In Tierversuchen konnte sogar die Neurogenese im Hippokampus durch körperliches Training deutlich gesteigert werden. In der Prävention der Demenz wird die Wirkung von Sport noch diskutiert – mittlerweile gibt es jedoch einige Hinweise auf eine positive Wirkung.

Nach Angaben der Studienautoren ist regelmäßige körperliche Aktivität bei vielen Erkrankungen einer medikamentösen Therapie überlegen. Zudem wirkt sie auf vielfältigere Weise und hat kaum schädliche Nebenwirkungen. Daraus entwickelte sich der Ansatz, körperliche Aktivität mit einem Rezept zu verordnen, wofür allerdings sportmedizinische Kenntnisse notwendig sind.

Mit niedriger Intensität beginnen und dann steigern

Doch wieviel soll nun trainiert werden? Von den meisten Fachgesellschaften wird derzeit ein moderates aerobes Ausdauertraining für mindestens 150 Minuten pro Woche oder aber ein intensives Ausdauertraining für 75 Minuten pro Woche empfohlen. Zusätzlich wird zu einem Krafttraining zweimal pro Woche mit mehreren Übungen und Wiederholungen geraten. Für Einsteiger ist es wichtig, mit niedriger Intensität zu beginnen und diese langsam zu steigern.

Zu den Sporteinheiten kommen noch die regelmäßigen Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen, Gartenarbeit, Einkaufen (zu Fuß!) sowie Gymnastik. Für Menschen mit langjährigem Bewegungsmangel oder Inaktivität ist der Einstieg zur Aktivität mitunter schwierig. Gerade bei ihnen stellen sich aber oft schnelle Fortschritte ein- auch ohne dass gleich Höchstleistungen erbracht werden müssen. Der wichtigste Schritt ist also überhaupt der Übergang von absoluter Inaktivität zur Integration von Bewegung in den Alltag.

Foto: © Sergey Nivens - Fotolia.com

Hauptkategorie: Prävention und Reha
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Sport , Depression , Demenz , Übergewicht , Bluthochdruck , Chemotherapie , Prävention , Orthopädie , Rückenschmerzen

Weitere Nachrichten zum Thema Sport

13.05.2019

Viel Sitzen und keine körperliche Aktivität verdoppeln das Risiko, einen kardiovaskulären Tod zu sterben. Das haben Forscher aus Australien herausgefunden. Doch schon kurze Sporteinheiten können das Leben von Büroangestellten verlängern.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin