Bessere ambulante Versorgung von Dialysepatienten dringend geboten!
Montag, 31. März 2014
– Autor:
Cornelia Wanke
Experten fordern, die ambulante Versorgung von Patienten mit Nierenschäden zu stärken. Der Grund: Die Zahl der Dialysepatienten wird laut einer aktuellen Studie deutlich zunehmen – jedoch nimmt die Zahl der niedergelassenen Nephrologen immer weiter ab.
Besser zuhause? Nicht immer müssten Nierenkranke zur Dialyse ins Zentrum!
– Foto: Tyler Olson
In seiner aktuellen Studie hat das IGES Institut ermittelt, dass die Zahl der dialysepflichtigen Menschen bis zum Jahr 2020 von derzeit 83.000 um ein Fünftel auf rund 100.000 steigen wird. Das entspricht einer jährlichen Zunahme von 2,7 Prozent. Zugleich werden immer mehr niedergelassene Nephrologen in den Ruhestand gehen, ohne einen Praxisnachfolger zu haben. Experten fordern daher dringend, die ambulante, nephrologische Versorgung zu stärken und als Therapieoption auch häufiger die Heimdialyse zu nutzen.
Den künftigen Dialysebedarf haben die Wissenschaftler des IGES mittels statistischer Modellierung mit epidemiologischen Daten ermittelt. Laut Studie sind die um 20 Prozent ansteigenden Patientenzahlen dabei vor allem auf drei Ursachen zurückzuführen: die weiter zunehmenden, gefäßschädigenden Zahlen von Menschen mit Volkskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck - die zu Nierenversagen führen können - sowie immer mehr jüngere Patienten und die Erfolge in der Nierenersatztherapie, was beides zu einer längeren Lebensphase mit Dialyse führt.
Die Zahl der Dialysepatienten steigt immer weiter – und die der ambulanten Nephrologen nimmt stetig ab
Erschwert wird die künftige Dialyseversorgung nach Angaben der IGES-Experten, weil der prognostizierte Rückgang ambulant tätiger Nephrologen deutschlandweit um acht Prozent einher gehen wird mit einer regional sehr unterschiedlichen Versorgung: „Damit wir trotz des beträchtlichen Anstiegs an Dialysepatienten und zurückgehenden Facharztzahlen weiterhin eine flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung haben, muss das ambulante Dialyseangebot besser verteilt und vielfältiger werden“, sagte Hans-Holger Bleß, Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES Institut, bei der Vorstellung der Studie.
Nötig sei ein ganzer Maßnahmenkatalog: Mindestmengen an verschiedenen Dialyseverfahren im Rahmen der Qualitätssicherung, Aufnahme der Peritonealdialyse in die Facharztausbildung, gezielte Nachwuchsförderung in der kleinen Facharztgruppe der Nephrologen sowie verbesserte Teamstrukturen in den Dialysepraxen mit einem stärkeren Einsatz und besserer Vergütung von Pflegekräften, um Dialysepatienten intensiver betreuen zu können.
Experten raten: Statt Hämodialyse im Dialysezentrum mehr Peritonaldialysen zuhause!
Zu selten kämen, so die IGES-Experten, derzeit die Heimdialyseverfahren zum Einsatz. Diese würden von lediglich fünf Prozent der ständig dialysepflichtigen Patienten genutzt , obwohl sie laut Qualitätsvereinbarung die Methode der Wahl sein sollten. Vor allem die Peritonaldialyse, bei der Schadstoffe über das Bauchfell in eine Dialyselösung gelangen, sei als Heimverfahren besonders geeignet. Jedoch würden 95 Prozent der Dialysepatienten immer noch mittels Hämodialyse und fast ausschließlich in Dialyseeinrichtungen behandelt.
„Deutschland ist im internationalen Vergleich stark auf die Hämodialyse in Dialysezentren ausgerichtet. Es fehlen häufig Wissen und Ausbildungsvorgaben zur Peritonealdialyse sowie zu Heimdialyseverfahren“, sagte Prof. Mark Dominik Alscher, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie. „dabei sollten die gesundheitliche und individuelle Situation der Patienten die Wahl des Dialyseverfahrens bestimmen und nicht die strukturellen, insbesondere räumlichen oder personellen, aber auch fachlichen Gegebenheiten ambulanter Angebote.“
Um möglichst gut auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen zu können, bedürfe es besserer und zielgerichteter Informationen, waren sich die Experten einig: „Denn informierte Patientenentscheidungen beeinflussen maßgeblich den Erfolg einer Behandlung“, so Prof. Bertram Häussler, Leiter des IGES Instituts. Dies sei für Dialysepatienten sei dies von großer Bedeutung, das sie mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zurecht kommen müssten – und meist auch mit massiven Einschränkungen ihrer Lebensqualität.
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