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Bertelsmann Studie heizt Debatte um Abschaffung der privaten Krankenversicherung an

Montag, 17. Februar 2020 – Autor:
Gesetzlich Krankenversicherte würden von Kosteneinsparungen profitieren, wenn es keine private Krankenversicherung mehr gäbe. Das hat die Bertelsmann Stiftung errechnet. Einsparungen pro Versicherten und Jahr von bis zu 145 Euro wären möglich, heißt es.
Studie Geteilter Versicherungsmarkt: Bertelsmann Stiftung plädiert für Abschaffung der privaten Krankenversicherung

Studie Geteilter Versicherungsmarkt: Bertelsmann Stiftung plädiert für Abschaffung der privaten Krankenversicherung – Foto: AOK-Mediendienst

Das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung ist vielen linken Politikern schon lange ein Dorn im Auge. Nun gießt die Bertelsmann Stiftung mit einer neuen Studie Öl ins Feuer. Für die Studie „Geteilter Versicherungsmarkt“ haben Gesundheitsexperten vom IGES Institut ausgerechnet, was passieren würde, wenn alle Bürger in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einzahlen würden. Also auch die etwa zehn Prozent Privatpatienten, die in der Regel besser verdienen. In die private Krankenversicherung (PKV) zahlen Besserverdiener, Beamte und Selbstständige ein.

Privatpatienten würden der GKV neun Milliarden Euro mehr bringen

Würden künftig alle in einen und denselben Topf einzahlen, dann würde das zunächst ein Plus für die GKV von neun Milliarden Euro pro Jahr bedeuten. Im ersten Szenario könnten dadurch jeder GKV-Versicherte und sein Arbeitgeber zusammen pro Jahr durchschnittlich 145 Euro an Beiträgen sparen. Der Einzelne würde danach also rund 72 Euro im Jahr weniger zahlen. Allerdings hätten Ärzte dann auch geringere Einnahmen. Viele Praxen rechnen sich erst durch ihre Privatpatienten. Da die Versorgung dann in ernsthaft in Gefahr wäre, haben die Experten ein zweites Szenario errechnet, in dem dieser Honorarverlust kompensiert wird.

24 Euro Einsparungen pro Jahr

In diesem Szenario würde die Einsparung dann nur noch 48 Euro jährlich betragen. Diesen Betrag müssen sich die Versicherten allerdings mit den Arbeitgebern teilen, so dass unterm Strich für jedes GKV-Mitglied 24 Euro am Jahresende übrig blieben.

„Der durchschnittliche GKV-Versicherte zahlt jedes Jahr mehr als nötig, damit sich Gutverdiener, Beamte und Selbstständige dem Solidarausgleich entziehen können“, sagt Gesundheitsexperte Stefan Etgeton von der Bertelsmann Stiftung. Das Missverhältnis verschärfe sich noch dadurch, dass zuletzt wieder mehr Versicherte von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung gewechselt seien, als umgekehrt.

Ungleiche Ärzteverteilung

Dabei geht es offenbar nicht nur um Einsparungen für den Einzelnen, sondern auch um die Niederlassung von Ärzten. Im letzten Teil der Studie hatten die Autoren an Beispiel Bayern gezeigt, dass dort, wo viele privat Versicherte leben, auch mehr Arztpraxen zu finden sind. "Einen ursächlichen Zusammenhang konnten wir in der Studie zwar nicht nachweisen. Ich gehe aber davon aus, dass die im Schnitt 2,5-fach höhere Vergütung ärztlicher Leistungen für Privatpatienten die Anreize für Ärzte verstärkt, sich in den bereits gut versorgten Gegenden mit vielen Privatversicherten niederzulassen", sagt Etgeton.

Laut Bertelsmann verdienen PKV-Versicherte im Durchschnitt 56 Prozent mehr als gesetzlich Versicherte und sie sind auch gesünder. Unter ihnen ist der Anteil mit mindestens einem Krankenhausaufenthalt pro Jahr mit 17 Prozent deutlich geringer als bei GKV-Versicherten (23 Prozent). Dadurch würde die GKV gleich in doppelter Hinsicht sparen, betonen die Studienautoren.

"Nur wenn sich alle Versicherten unabhängig vom Einkommen zusammentun, um die Risiken zwischen Gesunden und Kranken auszugleichen, kann eine tragfähige Solidargemeinschaft entstehen“, erklärt Bertelsmann Vorstand Brigitte Mohn. Die Aufspaltung der Krankenversicherung in einen gesetzlichen und einen privaten Zweig werde diesem Solidaranspruch nicht gerecht und schwäche den sozialen Zusammenhalt, so Mohn.

Foto: AOK Mediendienst

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
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