Berliner werden zu Hause gepflegt
Der aktuelle Barmer Pflegereport bestätigt einmal mehr, dass Angehörige die Hauptlast der Pflege tragen. Danach werden 38 Prozent der in Berlin lebenden BARMER-Versicherten ausschließlich von Angehörigen zu Hause gepflegt. 32 Prozent bekommen (zusätzlich) Unterstützung von einem ambulanten Pflegedienst. Dagegen verbringt nur etwa ein Drittel der Pflegebedürftigen mit Pflegestufe 1 oder höher seinen Lebensabend in einem Pflegeheim. Die Zahlen sind zwar aus dem Jahr 2015, dürften aber immer noch gültig sein. Denn seit Jahren zeigt sich, dass die Mehrzahl der Menschen mit einer Pflegestufe zu Hause versorgt wird – ob mit oder ohne ambulanten Pflegedienst: Angehörige schultern das meiste.
Pflegende Angehörige entlasten die Pflegekassen
„Pflege ist in Berlin immer noch Familiensache“, sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der BARMER Berlin/Brandenburg. Viele von ihnen nutzten inzwischen die unterstützenden Angebote aus der Pflegeversicherung, weiß sie. Der Pflegereport zeigt, dass bundesweit 16,1 Prozent der pflegenden Angehörigen die sogenannte Verhinderungspflege nutzten. Das sind zwar nicht gerade viele, aber es sind mehr als im Vergleichsjahr 2011: Damals stellten nur 11,6 Prozent einen solchen Antrag.
Die Verhinderungspflege erlaubt pflegenden Angehörigen aufgrund von Urlaub oder Krankheit eine Auszeit zu nehmen. Während dieser Zeit wird die häusliche Versorgung einem Pflegedienst überlassen, den die Pflegekasse bezahlt. Im Gegensatz zur Kurzzeitpflege kann der pflegebedürftige zu Hause bleiben und muss nicht in eine Einrichtung wechseln.
Pflegende Angehörige, die schon einmal Verhinderungspflege beantragt hatten, scheinen mit dem Angebot zufrieden zu sein. So sind laut Pflegereport zwei Drittel der Antragssteller aus dem Jahr 2015 „Wiederholungstäter. „Der Anstieg und die wiederholte Inanspruchnahme der Verhinderungspflege zeigen, dass die pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen mit diesem Angebot gute Erfahrung gemacht haben“, meint Leyh.
Entlastungsangebote gehen weg wie sauer Bier
Pflegekassen bewerben immer wieder Angebote, die pflegende Angehörige entlasten sollen, damit sie möglichst lange ihre Pflegetätigkeit fortführen können. Doch mit mäßigem Erfolg: die Angebote wie Tagespflege, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege werden kassenübergreifend kaum genutzt. So hatte eine Studie des Gesundheitswissenschaftlichen Instituts der AOK Nordost (GeWiNo) im November 2015 gezeigt, dass Verhinderungspflege nur in 14 Prozent aller Fälle beantragt wurde. Kurzzeitpflege beanspruchte demnach nur jeder zwanzigste Betroffene.
Zwar sparen die Pflegekassen dadurch kurzfristig Geld, doch diese Angebote kosten unterm Strich deutlich weniger als die Rund-um-die Uhr-Betreuung in einem Pflegeheim. Niemand weiß das besser als die Pflegekassen selbst: Die AOK hatte unlängst errechnet, dass Pflegende Angehörige im Wert von 37 Milliarden jährlich pflegen. Das ist mehr als die Pflegekassen überhaupt einnehmen.
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