16. Januar 2015 . Drucken . Aidsforschung Berliner HIV-Gentherapie macht Hoffnung auf funktionelle Heilung Eine neue Gentherapie mit Blutstammzellen weckt große Hoffnungen, dass bald eine funktionelle Heilung von HIV möglich wird. An der Berliner Charité könnte die erste klinische Studie bereits Ende des Jahres beginnen. HIV-Gentherapie aus Berlin: Die funktionelle Heilung von HIV rückt näher Das Tückische an einer HIV-Infektion ist, dass sich die Aidsviren in Immunzellen festsetzen und dort ihre genetischen Informationen einpflanzen. Die körpereigene Abwehr, die normalerweise Viren bekämpft, wird somit Schach Matt gesetzt. Besonders tückisch: Je mehr Immunzellen gegen die Eindringlinge tätig werden, desto rasanter die Ausbreitung von HIV. Wissenschaftler des Berlin Brandenburg Centrum für Regenerative Therapien (BCRT) an der Charité wollen diesen Teufelskreislauf nun durchbrechen: Gemeinsam mit Kollegen von der Davis Universität in Kalifornien ist es ihnen gelungen, Blutstammzellen genetisch so zu verändern, dass sie resistent gegen die HIV-Attacke werden. In Experimenten erwies sich die neue HIV-Gentherapie als so erfolgreich, dass nun die Vorbereitungen für klinische Studien auf Hochtouren laufen. „Unsere Vorarbeiten haben beeindruckende klinische Ergebnisse gezeigt“, sagt Prof. Petra Reinke vom BCRT. „Insofern gehe ich davon aus, dass wir noch dieses Jahr mit der Behandlung einer kleinen Patientengruppe beginnen können.“ HIV-Gentherapie: „Berliner Patient“ hat die Steilvorlage geliefert Ausschlaggebend für die Entwicklung der HIV-Gentherapie war die Heilung des „Berliner Patienten“. Der in Berlin lebende Amerikaner hatte 2008 an der Charité eine Knochenmarktransplantation erhalten, weil er neben seiner HIV-Infektion auch an Blutkrebs litt. Charité-Ärzten gelang es damals, einen Knochenmarkspender mit einem seltenen HIV-Resistenz-Gen zu finden. Durch die anschließende Knochenmarktransplantation wurde der „Berliner Patient“ als bislang einziger Mensch von HIV geheilt. Weil eine Transplantation von allogenen – also fremdem Knochenmarkzellen - jedoch mit enormen Risiken verbunden ist, kommt sie grundsätzlich nicht als Therapieoption für HIV-Patienten in Frage. Die Wissenschaftler vom BCRT haben deshalb einen anderen Ansatz verfolgt, von dem sie sich ähnliche Effekte versprechen. Bei ihrer Therapie verwenden sie patienteneigene Blutstammzellen, bestücken diese mit drei HIV-Resistenz-Genen und geben die so genetisch veränderten Stammzellen dem Patienten anschließend wieder zurück. Forscher wollen tückischen Mechanismus der Aidsviren durchbrechen Der Plan ist, dass die resistenten Gene anschließend die Oberhand gewinnen und das Virus dauerhaft in Schach halten. Denn einerseits sind weniger „Helfer“ selbst infiziert, auf der anderen Seite stehen mehr zur Abwehr bereit. Damit hoffen die Wissenschaftler, den tückischen Mechanismus der Aidsviren durchbrechen zu können. „Der entscheidende Punkt ist, dass nicht nur Stammzellen unsere Zielpopulation sind, sondern jene CD-4 Helferzellen, die sich aus den Stammzellen generieren“, erläutert Petra Reinke den Ansatz. Die Immunologin, die auch als Oberärztin an der Charité tätig ist, geht davon aus, dass sich die Viruslast bei den Patienten nach gut einem Jahr so reduzieren könnte, dass keine Zirkulation von HIV mehr nachweisbar wäre. Laut Reinke wäre das dann die seit langem erhoffte „funktionelle Heilung.“ Erste Patienten mit der neuen Gentherapie behandelt Bis die neue Therapie an Patienten erprobt werden kann, braucht es neben vielen anderen Formalitäten noch die Herstellungserlaubnis vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Die BCRT-Wissenschaftler sind aber zuversichtlich, dass die Behörden bald grünes Licht geben werden, zumal das neue Verfahren an der Partneruniversität in Kalifornien bereits bei Patienten zum Einsatz kam. Reinke zufolge werden erst einmal die Patienten ausgewählt, die schwere Resistenzen gegen die gängigen HIV-Medikamente entwickelt haben. Alles andere werde sich später zeigen. Im Unterschied zu der in Philadelphia entwickelten HIV-Gentherapie soll die deutsch-amerikanische Co-Produktion gezielter auf die Eigenschaften des HI-Virus wirken, also weniger andere wichtige Funktionen der Immunzellen blockieren. Welche Therapie am Ende dauerhaft wirksamer und sicherer ist, wird man aber erst nach Langzeitstudien wissen. Hier wie dort steht die klinische Anwendung der HIV-Gentherapie noch am Anfang. Foto: © DigitalGenetics - Fotolia.com Autor: Beatrice Hamberger Hauptkategorien: Berlin , Medizin Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: HIV , Gentherapie , Forschung , Charité Ihnen gefällt dieser Beitrag? Empfehlen Sie uns weiter.
. AIDS-Prävention DAK zahlt die Anti-HIV-Pille 04.12.2018 | Einfach eine Tablette schlucken, um beim Sex eine HIV-Infektion zu verhindern: Immer mehr Menschen in Deutschland machen davon Gebrauch – sofern sie genug verdienen. Künftig soll diese Option allen Angehörigen von Risikogruppen offenstehen. Als erste große Krankenkasse hat die DAK angekündigt, die Kosten für die „Prä-Expositionsprophylaxe“ (PrEP) zu übernehmen. mehr >
. Neueste Zahlen des Robert Koch-Instituts HIV in Deutschland: Weniger Neuerkrankungen, aber 450 Todesfälle 22.11.2018 | Die Zahl der HIV-Neuerkrankungen ist in 2017 leicht gesunken. Trotz großer Fortschritte in der Behandlung ist eine HIV-Infektion eine potenziell tödliche Erkrankung. Laut Robert Koch-Institut sollen 450 Menschen mit oder an HIV gestorben sein. mehr >
. Neubewertungsverfahren Behörden warnen vor Dolutegravir in der Schwangerschaft 28.05.2018 | Das HIV-Medikament Dolutegravir verursacht möglicherweise schwere Schäden an ungeborenen Kindern. Nun warnt die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter vor dem Mittel. mehr >
. Arzneimittel-Entsorgung Unverbrauchte Medikamente: Wohin damit? 15.02.2019 | Besonders Arznei-Wirkstoffe aus Antibiotika, Verhütungspillen... mehr >
. Infektionskrankheiten Immer mehr Masernfälle in Europa 15.02.2019 | Die Zahl der Masernerkrankungen hat sich im Jahr 2018 im... mehr >
. Kritik an der Kritik von Lungenärzten 8 Fakten: Deutsches Zentrum für Lungenforschung positioniert sich zu Luftschadstoffen 14.02.2019 | Nachdem eine Gruppe von 100 Lungenärzten die aktuell geltenden... mehr >
"Heilung von HIV bleibt das Ziel der Zukunft" . Der Infektiologe Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer über den aktuellen Stand der HIV-Forschung und warum es bislang weder ein Heilmittel noch einen Impfstoff gegen HIV gibt. mehr >
Immer mehr Hochbetagte werden am Herzen operiert Früher war mit 70 Jahren Schluss. Heute werden selbst noch über 90-jährige am Herzen operiert. Der Deutsche Herzbericht 2018 nennt Zahlen. mehr >
Migräne: Erenumab kann bestimmten Patienten helfen Erenumab ist der erste CGRP-Antikörper, der in Deutschland zur Migräneprophylaxe zugelassen ist. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam nun zu dem Ergebnis, dass das Medikament für bestimmte Patienten sinnvoll sein kann, wenn andere medikamentöse Therapien ausgeschöpft sind. mehr >
Migranten und Depressionen: Online-Programm richtet sich an arabischsprachige Patienten Die Wirksamkeit von Online-Programmen bei Depressionen wurde bereits in mehreren Studien belegt. Nun bietet die Deutsche Depressionshilfe ein Programm speziell für arabischsprachige Patienten in Deutschland an. mehr >
Rund um die Brust: Rekonstruktion, Verkleinerung und Vergrößerung 26. Februar 2019 Bildungszentrum am St. Marien-Krankenhaus Berlin, Gallwitzallee 123 - 143, 12249 Berlin
Qualitätssicherungskurse Ärztlicher Bereitschaftsdienst der KV Berlin 16. Februar 2019 KV Berlin, Masurenallee 6A, 14057 Berlin-Charlottenburg
23. Fortbildung · Kinder-Reanimation 18. Februar 2019 Besprechungsraum der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, St. Joseph Krankenhaus, Wüsthoffstraße 15, 12101 Berlin
Hygienemanagement in ambulant operierenden Praxen 19. Februar 2019 KV Berlin, Masurenallee 6A, 14057 Berlin
OP oder nicht OP? - Symposium 20. Februar 2019 Klinikum Neukölln, Rudower Straße 48, Klinik für Gynäkologie, 12351 Berlin
Die Dekade gegen den Krebs: Programm - Ideen - Konzepte 19. Februar 2019 Kalkscheune Berlin, Johannisstr. 2, 10117 Berlin
Organspende weitergedacht – Wie kann der Negativtrend gestoppt werden? 19. Februar 2019 Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG – apoBank, Kantstraße 129, 10625, Berlin
Disruption im Gesundheitswesen? Wie werden eGK, ePA und die Telematikinfrastruktur die Versorgungslandschaft verändern? 20. Februar 2019 Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Ziegelstraße 30, 10117 Berlin
Ernährungsumstellung beim Älterwerden Wie kommt das Schnitzel auf die Hüfte? 20. Februar 2019 An der Urania 17, 10787 Berlin
„Das Cannabis-Gesetz hätten wir nicht gebraucht“ . Mit dem 2017 in Kraft getretenen Cannabis-Gesetz wurde der Weg der evidenzbasierten Medizin verlassen. Das sagt der Neurologe Prof. Dr. Mathias Mäurer. Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin erläutert er seine Bedenken. mehr >
„Ein traumatisierter Flüchtling findet ohne Therapie nicht mehr ins Leben zurück“ . Der Neuropsychologe und Traumaforscher Prof. Dr. Thomas Elbert hält schnelle Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge für dringend nötig. Gesundheitsstadt Berlin hat mit ihm über lebenslange Traumafolgen, Gewaltbereitschaft und ein gelähmtes Land gesprochen. mehr >
„Wir könnten viele Leben retten“ . Die akute Aortendissektion ist immer ein Notfall. Einer Studie zufolge könnte vielen Menschen das Leben gerettet werden, wenn sie rechtzeitig und adäquat behandelt werden würden. Gesundheitsstadt Berlin hat mit Dr. Stephan Kurz vom Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) über die Versorgungssituation und das erfolgreiche Projekt „Aortentelefon“ gesprochen. mehr >