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Berliner Forscher finden Ursache für Leukodystrophie

Samstag, 22. März 2014 – Autor:
Leukodystrophie gehört zu den seltenen neurologischen Erbkrankheiten. Berliner Forscher haben nun einen wichtigen Fund gemacht: Der Defekt liegt gar nicht in den Nervenzellen selbst, sondern im Zusammenspiel von Proteinen des Gehirns.
Berliner Forscher finden Ursache für Leukodystrophie

Leukodystrophie: Die Nervenzellen selbst haben gar keinen Defekt

Den Menschen, die von der unheilbaren Erkrankung Leukodystrophie betroffen sind, werden die Erkenntnisse nicht unmittelbar nützen. Aber für die Forschung ist das, was Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin jetzt herausgefunden haben, ein großer Schritt. Auf der Suche nach den Ursachen dr Leukodystrophieder haben die Forscher entdeckt, dass bei der seltenen und unheilbaren Erkrankung ein feines Zusammenspiel von drei Proteinen in der weißen Substanz des Gehirns gestört ist. Der Fall zeige, dass neurologische Erkrankungen nicht zwangsläufig auf Defekten in den Nervenzellen selbst beruhten, erklärt Thomas Jentsch vom FMP. „Um optimal funktionieren zu können, sind die Nervenbahnen in ein komplexes Netzwerk aus sogenannten Gliazellen eingebettet. Deren Bedeutung wurde lange unterschätzt.“

Leukodystrophie: Degeneration der weißen Hirnsubstanz

Bei der Leukodystrophie handelt es sich um eine Degeneration der weißen Hirnsubstanz, die zumeist Bewegungsstörungen nach sich zieht. Vor allem sind die sogenannten Myelinscheiden betroffen, die die Nervenbahnen umhüllen. Myelinscheiden werden von spezialisierten Zellen gebildet, die sich um die Nervenfasern herumwickeln. „Myelinscheiden sind eine ‚Erfindung‘ der Säugetiere – durch die isolierende Schicht um die langen Ausläufer der Nervenzellen werden die elektrischen Signale stark beschleunigt“, erklärt Thomas Jentsch, dessen Abteilung am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) angesiedelt ist. „Dinosaurier beispielsweise hatten keine solche Beschleunigung, ihre Reaktionen und Denkleistungen verliefen vermutlich entsprechend langsamer.“

Mutatationen in den Genen stören kompliziertes Netzwerk

Myelinscheiden bilden mit anderen sogenannten Gliazellen ein kontinuierliches Netzwerk, das wiederum mit den Blutgefäßen im Gehirn in Verbindung seht. Das Netzwerk ist auch notwendig, um die Nervenzellen zu ernähren, sie einzubetten und ihnen genau die Umgebung zu bieten, die sie zum Funktionieren benötigen. Wie die Wissenschaftler jetzt zeigen konnten gibt es bei Menschen mit Leukodystrophie aber kleine Fehler in diesem Gefüge. Ausschlaggebend seien verschiedene Mutationen im Erbgut.

„Auch wenn die Leukodystrophie vorerst unheilbar bleibt, zeigt das Beispiel, welche große Wirkung selbst kleine Veränderungen im Gehirn haben können, und in welch enger Beziehung die Nervenzellen zu den sie umgebenden Zellen stehen“, kommentiert FMP-Forscher Jentsch die Ergebnisse.

Viele Patienten leiden an motorischen Störungen

Leukodystrophie kann sich anhand höchst unterschiedlicher Symptome bemerkbar machen. Menschen mit Leukodystrophie können oft nur unter Schwierigkeiten gehen oder ihre Bewegungen koordinieren, sie leiden an spastischen Lähmungen oder auch epileptischen Anfällen. Bei anderen treten hingegen nur leichte Symptome auf. Erste Anzeichen machen sich meist im Kindesalter bemerkbar, manchmal aber auch erst im Erwachsenenalter, und die Krankheit kann sich im Verlauf des Lebens sogar abmildern. Unheilbar bleibt die Leukodystrophie vorerst dennoch.

Foto: © beerkoff - Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik , Medizin
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