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„Berlin muss den demografischen Wandel gestalten“ – Infrastruktur ist wesentlicher Faktor

Freitag, 7. März 2014 – Autor: Michael Schulz
Berlin wächst und damit steigt auch der Anteil der Senioren. Wie können die Stadt, Wohnungsbaugesellschaften und die Pflegeanbieter gemeinsam darauf reagieren? Dieser Frage wurde auf einer Fachtagung von Gesundheitsstadt Berlin diskutiert.
Berlin muss sich auf mehr Senioren einstellen

Stadtentwickungssenator Müller: Wir brauchen Modelle für ein altersgerechtes Wohnen

„Berlin muss sich auf die Senioren ausrichten“, macht Bürgermeister Michael Müller, Berliner Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, auf der Fachveranstaltung „Wohnen und Pflege in Berlin“ von Gesundheitsstadt Berlin deutlich. Besonderes Augenmerk will Müller auf die Infrastruktur der Stadt setzen, die heute schon attraktiv ist aber noch weiter verbessert werden kann. „Bauen ist Ausdruck der Gestaltung der Infrastruktur und sollte positiv bewertet werden“, so der Stadtentwicklungssenator.  

Müller rechnet bis zum Jahr 2030 für Berlin mit einem Anstieg der Senioren um 200.000 Menschen. Dabei werde der Anteil der über 80-jährigen Senioren um mehr als 80 Prozent ansteigen. Berlin sei verstärkt für die Generation 60+ attraktiv, weiß Müller zu berichten. Denn diese wolle in ihrem direkten Umfeld Angebote aus den Bereichen Gesundheit, Bildung und Mobilität in Anspruch nehmen. Das könne Berlin hervorragend bieten. Insgesamt seien in den letzten drei Jahren 100.000 Menschen neu nach Berlin gezogen, „allein im letzten Jahr waren es 47.000“. Bis zum Jahr 2030 rechnet Müller mit weiteren 250.000 Neubürgern.

Wie kann das Zusammenleben der Generationen gewährleistet werden?

„Die Stadt wird wachsen. Darauf müssen wir uns einstellen“, erläutert der Senator weiter und verweist auf das aktuell erarbeitete Stadtentwicklungskonzept 2030, „welches jenseits der Legislaturperioden die Grundlage für die Entwicklung der Stadt ist“.

Doch wie kann ein langes Zusammenleben der Generationen gewährleistet werden? Aus Sicht des Bausenators gehört dazu die Organisation von Quartiere für Jung und Alt ebenso wie eine funktionierende Nachbarschaftshilfe als Möglichkeit der Selbsthilfe. Technische Assistenzsysteme könnten gleichfalls helfen.

„Wir brauchen neue Modelle für ein altersgerechtes Wohnen in der eigenen Wohnung“, sagt Müller denn auch und verweist darauf, dass in Berlin rund 100.000 Wohnungen umgebaut werden müssen, da sie nicht barrierefrei seien. Eine besondere Rolle sieht Müller bei den Wohnungsbaugesellschaften und begründet dies mit einem Anteil von 85 Prozent an Mietwohnungen in der Stadt. So will Müller, dass „soziale Räume“ bei Bauvorhaben stärker berücksichtigt werden. Denn in diesen Gemeinschaftsräumen werden wichtige soziale Kontakte aufgebaut.

Quartiersgedanke und Generationenwohnen als Schlüsselidee

Generell ist für Müller das Generationenwohnen eine Schlüsselidee, „an der wir arbeiten müssen“. Bewusst ist ihm dabei, dass vieles hier nicht von alleine geschieht, es gelte dies „gemeinsam zu organisieren“. Hierzu gehöre auch, dass die Nahversorgung in den Quartieren funktioniere.

Martin von Essen, Vorstandsvorsitzender des Berliner Evangelischen Johannesstiftes, unterstützt die Vorschläge des Senators, die ehrenamtliche Tätigkeit und Nachbarschaftshilfen zu stärken. Denn „der hohe Pflege- und Betreuungsbedarf kann künftig nicht alleine durch professionelle Mitarbeiter geleistet werden. Wir brauchen die Nachbarschaft im Quartier und die gegenseitige Hilfe und das Engagement der Menschen, die dort wohnen“, betont von Essen.

Hildegard Schumann setzt an dieser Stelle auf Kooperationen zu Unternehmen der Sozialwirtschaft. Diese seien beim Beamten-Wohnungs-Verein zu Köpenick erfolgreich eingeführt. Nicht sinnvoll findet Schumann Forderungen zur vollständigen Barrierefreiheit im Bestand. „Einen Altbau kann man kaum barrierefrei umbauen“, so Schumann.

Die GEWOBAG Wohnungsbau Aktiengesellschaft und deren Aufsichtsratsvorsitzender Lutz Freitag setzen u. a. auf das Projekt „Vitales Wohnen“. Dieses sehe vor, dass Wohnungen der Mobilität entsprechend angepasst werden. Die Alterseinkommen werden sinken, deshalb werde der Bedarf an kleineren Wohnungen steigen, mahnt Freitag. Er sieht die GEWOBAG angesichts eines Anteils von 22 Prozent an Mietern über 65 Jahre als besonders gefordert an, wenn es darum geht, die eigene Häuslichkeit möglichst lange zu erhalten.

Die Zahl der ambulant betreuten Wohngemeinschaften wird steigen

Anders als der Trend zu kleineren Wohnungen im Alter benötigen ambulant betreute Wohngemeinschaften große Wohnungen. Rund 500 dieser Gemeinschaften für pflegebedürftige Menschen gebe es derzeit in Berlin, berichtet Thomas Meißner, Vorstandsmitglied des Anbieterverbandes qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Meißner geht davon aus, dass es künftig noch viel mehr sein werden, denn sie wirken der Vereinsamung entgegen und bieten für die Bewohner neue Perspektiven. Weiter geben sie Sicherheit und Halt unter entsprechender Betreuung ambulanter Pflegedienste.

Bei der degewo AG in Berlin ist man von technischen Assistenzsystemen „abgewichen, da das Interesse der Mieter nicht sehr ausgeprägt ist“, sagte deren Prokurist und Abteilungsleiter Bestandsmanagement Ulrich Jursch bei der Fachveranstaltung von Gesundheitsstadt Berlin. Unterstützen lässt sich die degewo durch eigene Stadtteilmanager, die das Zusammenleben innerhalb der Quartiere fördern. Weiter seien hilfebedürftigen Mietern sogenannte Paten zugeordnet, die ehrenamtlich arbeiten.

Arbeitskreis bei Gesundheitsstadt Berlin

Für die Mitglieder der Gesundheitsstadt Berlin wird derzeit ein Arbeitskreis eingerichtet. In diesem sollen Lösungen für eine bessere Verknüpfung von Wohnen und Pflege diskutiert werden, die sich aus einer engen Zusammenarbeit zwischen der Sozialwirtschaft und der Wohnungswirtschaft ergeben können.

Foto: Gesundheitsstadt Berlin

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