Berlin geht bei Studientransparenz voran

Klinische Forschung darf nicht versanden. Ein neues Dashboard des BIH legt offen, wenn Universitätskliniken ihre Studienergebnisse nicht veröffentlicht werden – Foto: © Adobe Stock/ Egor
Deutsche Universitätskliniken führen jedes Jahr hunderte klinische Studien durch. Trotz vorhandener Transparenzregeln wie der Deklaration von Helsinki werden die Ergebnisse oftmals nicht veröffentlicht. Anderen Wissenschaftlern gehen somit wertvolle Informationen über die Wirksamkeit, Risiken und Nebenwirkungen oder auch die Nicht-Wirksamkeit von neuen Therapien verloren. Hinzu kommt die Verschwendung von öffentlichen Fördergeldern
Dashboard für die Transparenz von klinischen Studien
Um diese unbefriedigende Situation zu ändern, haben Wissenschaftler des QUEST Centers am Berlin Institute of Health (BIH) der Charité 3.000 Studien gesichtet, die an den 35 deutschen Universitäten durchgeführt worden sind. Dabei wurde unter anderem geprüft, ob die Studie vor Studienbeginn registriert wurde, ob die Ergebnisse anschließend veröffentlicht wurden und ob im Register auf die Veröffentlichung der Studienergebnisse hingewiesen wurde.
In einem Dashboard ist nun öffentlich einsehbar, wie es um die Transparenz der klinischen Forschung in Deutschland und in den einzelnen Universitäten bestellt ist. Im Fachmagazin PLOS Medicine berichten die BIH-Forscher jetzt über ihre Ihr Vorgehensweise und ihre Ergebnisse.
„Patientinnen und Patienten haben sich zur Studienteilnahme bereit erklärt, um die Wissenschaft und die Medizin voranzubringen. Ihnen gegenüber besteht die Verpflichtung, Studienergebnisse zu veröffentlichen“, argumentiert Daniel Stretch, stellvertretender Direktor des BIH QUEST Center und Initiator der Transparenz-Offensive. Außerdem sei es aus ethischer Sicht zumindest fragwürdig, Ergebnisse von Studien, die mit Steuermitteln bezahlt wurden, nicht offenzulegen. "Klinische Studien sind das Rückgrat der evidenzbasierten Medizin. Und Transparenz hält das Rückgrat gesund", so Stretch weiter.
Unikliniken wissen wenig über die eigene Forschung
Bei ihren Recherchen fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Universitätskliniken oft selbst nicht genau wissen, wie viele ihrer Studien transparent registriert und veröffentlicht sind. Auch die Förderorganisationen kennen die Veröffentlichungsquote der von ihnen finanzierten Studien demnach nicht. „Wir sind überzeugt, dass die Informationen, die unser Dashboard liefert, bei allen Universitätskliniken etwas zum Guten hin bewegen wird", erklärt Delwen Franzen Mitarbeiterin von Daniel Strech und Erstautorin der Arbeit. Auch hätten sich schon Nachahmer im Ausland gefunden, etwa die Universität Stanford.
Dass die Offenlegung solcher Transparenzdaten erfolgreich sein kann, hatte zuvor die Universität Oxford gezeigt. Dort haben Wissenschaftler ebenfalls eine offen einsehbare Internetseite erstellt, die seit drei Jahren über die Transparenz von Arzneimittelstudien im dafür zuständigen europäischen Register informiert. Die Charité lag dort weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen, nahm es also mit der Veröffentlich von Studienergebnissen nicht so genau.
„Nachdem wir uns nun mit dem Clinical Study Center der Charité besprochen haben und dort ein Prozess zur Verbesserung gestartet wurde, konnten wir einen regen Anstieg in der Transparenz beobachten“, erzählt Daniel Stretch. „Die Charité liegt mit der Veröffentlichung der Ergebnisse von 97 Prozent ihrer Studien nun ganz vorne.“