Bei Lungenkrebs häufig Überdiagnosen
Nicht alle Lungentumore, die bei einer Krebsfrüherkennung gefunden werden, sind für das Leben der Patienten bedrohlich. Jetzt ist eine US-Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass sogar bis zu 18 Prozent der Lungenkarzinome, die mittels Computertomographie entdeckt und danach behandelt wurden, die Gesundheit der Betroffenen auch ohne Therapie nicht gefährdet hätten. Die Studie wurde im Fachmagazin JAMA Internal Medicine veröffentlicht.
Die Studienautoren warnen darin vor möglichen Überdiagnosen von Lungenkrebs durch die Computertomographie. Denn fast jeder fünfte Tumor könnte „indolent“ sein, das heißt sich nur langsam oder gar nicht vergrößern oder sogar verschwinden – und das ganz ohne Operation und Therapie. Die Gefahr der Überdiagnosen sehen die Forscher darin, dass die Entdeckung des Lungenkrebses die Betroffenen zum einen psychisch belastet, zum anderen eine Operation zu Komplikationen – in seltenen Fällen sogar mit tödlichem Ausgang – führen kann.
Trotz Früherkennung nicht weniger Krebstote
Für die Studie wurden Daten von über 2000 Lungenkrebspatienten analysiert. Innerhalb von drei Jahren, in denen an einem Teil der Patienten eine Computertomographie vorgenommen wurde, und einer fünfjährigen Nachbeobachtungszeit wurden in der Computertomographie-Gruppe 1089 Lungentumore entdeckt, im Kontrollarm 969.
Obwohl durch eine regelmäßige computertomographische Untersuchung mehr Tumore entdeckt und entsprechend behandelt worden waren, starben in dieser Gruppe nicht weniger Patienten an Lungenkrebs als in der Kontrollgruppe. Nach Ansicht der Studienautoren bedeutet das, dass die Frühentdeckung nicht zu einer erhöhten Überlebenschance führt. Offenbar werden stattdessen viele Tumore entdeckt, die das Leben der Patienten sowieso nicht bedroht hätten. Die anderen, größeren Tumore aber wären auch auf andere Weise entdeckt worden.
Lungenkrebs: Entwicklung von Erkrankungen sehr unterschiedlich
Um Todesfälle durch Lungenkrebs zu verhindern, raten heute viele Experten zu einem Screening mit Computertomographie - gerade bei Personen mit hohem Risiko (zum Beispiel bei starken Rauchern). Doch immer öfter kritisieren Ärzte diese Praxis. Denn das Problem ist, dass sich viele Patienten aus Angst entscheiden, die Veränderungen weiter untersuchen oder sogar entfernen zu lassen - mit den bekannten Risiken. Dabei ist die Entwicklung einer Krebserkrankung und ihrer Vorstufen äußerst vielschichtig und hängt von vielen individuellen Faktoren ab, die durch keine Bildgebung erkennbar sind.
Lungenkrebs ist bei Männern die weltweit am häufigsten zum Tode führende Krebserkrankung. Bei Frauen steht der Lungenkrebs nach Brustkrebs und Dickdarmkrebs an dritter Stelle der tödlichen Krebserkrankungen. Trotz der Fortschritte bei Früherkennung und Therapie ist die Fünf-Jahres-Überlebensrate in den vergangenen 25 Jahren nur um wenige Prozente angestiegen und liegt derzeit bei rund 13 Prozent.
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