Behandlungsschmerz beim Zahnarzt muss nicht sein

Zwei Drittel der Deutschen haben Angst vor Zahnarztterminen, vor allem wegen der damit potenziell verbundenen Schmerzen. – Foto: AdobeStock/BurntRedHen
Lippen, Zunge und Mundschleimhaut gehören zu dem empfindlichsten Körperstellen überhaupt. In Bruchteilen von Sekunden erfahren wir, ob Essen oder Trinken zu heiß oder zu kalt ist und ob es gut schmeckt oder nicht. Diese Hochempfindlichkeit schützt uns. Oder sie beschert uns einen kleinen Rausch beim Küssen. Sie führt aber auch dazu, dass Zahnschmerzen zu den heftigsten Schmerzerfahrungen überhaupt gehören. Umfragen zufolge haben zwischen 60 und 80 Prozent der Deutschen Angst vorm Besuch beim Zahnarzt. Der vielleicht wichtigste Grund dafür ist die Angst vor diesen Schmerzen.
„Die Visitenkarte des Zahnarztes ist die Schmerzausschaltung"
„Wird es wehtun?“, lautet die häufigste Frage vieler Patienten. Es kann – aber es muss nicht, denn: „Gegen Schmerzen auf dem Zahnarztstuhl gibt es wirksame Methoden“, schreibt das Gesundheitsmagazin Apotheken Umschau. In dem Beitrag wird Monika Daubländer vom Interdisziplinären Arbeitskreis zahnärztliche Anästhesie mit den eindeutigen Worten zitiert: „Die Visitenkarte der Zahnärztin oder des Zahnarztes ist die Schmerzausschaltung."
Zahnärzte: 70 Millionen Betäubungsspritzen im Jahr
Der Zahnmedizin stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, um den Schmerz bei und damit die Angst vor einem Behandlungstermin zumindest erträglich zu gestalten. Mehr als 70 Millionen Mal im Jahr sorgen Zahnärzte in Deutschland mit kleinen Spritzen mit extrem feinen Nadeln für eine örtliche Betäubung im Mund. Laut Apotheken Umschau „eine nebenwirkungsarme und effektive Methode“. Dennoch bestünden bei diesem so erprobten wie geübten Verfahren auch Risiken: Es kann zu Nerv- oder Gefäßverletzungen kommen. Oder – bei Personen mit erhöhter Blutungsneigung oder wenn sie Mittel zur Blutverdünnung nehmen müssen – zu Einblutungen.
Schmerztherapie: Es gibt Alternativen zur Betäubungsspritze
Der Apotheken Umschau zufolge gibt es aber auch andere Methoden, um Schmerzen zu dämpfen beziehungsweise auszuschalten („Sedierung“): mithilfe von Tabletten, Infusionen oder Lachgas (Distickstoffmonoxid). Lachgas ist ein seit rund 150 Jahren bekanntes gasförmiges Schmerz- und Narkosemittel. In der Natur gibt es dieses Gas auch. Es entsteht insbesondere beim Anbau von Ölpflanzen (Sonnenblumen, Raps, Soja) und in der industriell betriebenen Landwirtschaft durch den zunehmenden Einsatz von stickstoffhaltigen Düngemitteln. Es gilt als eines der schädlichsten Treibhausgase überhaupt und wirkt etwa 300-mal stärker als Kohlendioxid (CO2). Im medizinischen Einsatz sei Lachgas aber nicht problematisch für das Klima, besagt eine aktuelle Stellungnahme zweier Anästhesie-Fachgesellschaften – aufgrund der kaum messbaren Gesamtmenge im weltweiten Einsatz.
Bei Zahnbehandlungsphobie: Vollnarkose möglich
Gegen Zahnschmerzen ist prinzipiell selbst eine Vollnarkose denkbar – in der Zahnmedizin aber nur selten notwendig: etwa bei sehr langen Eingriffen, bei jungen Kindern und Menschen mit Behinderung oder solchen mit extremer Angst, die die Behandlung sonst nicht aushalten könnten. Rund zehn Prozent der Deutschen gelten tatsächlich als „hochängstlich“. Das bedeutet: Sie gehen nur im absoluten Notfall zum Zahnarzt oder vermeiden Zahnarztbesuche grundsätzlich und komplett – dabei oft um den Preis, dass sie damit ihre Zähne ruinieren. Dann leiden sie unter einer „Zahnbehandlungsphobie“, die im IDC-10-Katalog der Weltgesundheitsorganisation WHO als eigene Diagnose anerkannt ist.
Diese Angst hat ihr Recht und der Patient hat einen Anspruch auf Verständnis – und auf die Chance, dank einer persönlich abgesprochenen und wirksamen Schmerztherapie den Zahnarztbesuch mit Erfolg über die Bühne zu bringen.