Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Behandlung in spezialisierten „Krebszentren“ erhöht klar die Überlebens-Chanchen

Mittwoch, 27. April 2022 – Autor:
Krebszentren sind interdisziplinäre Einrichtungen, die in Organisation, Personal und Knowhow speziell auf eine Sorte Krebs zugeschnitten sind – Beispiel Brustkrebs. Patienten, die sich in Zentren behandeln lassen, die von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert sind, haben einer aktuellen Großstudie zufolge klare Überlebensvorteile.
Das „Interdisziplinäre Tumorzentrum“ am Universitätsklinikum Freiburg (Außenansicht, Eingang)

Beispiel für ein hochspezialisiertes Krebszentrum: das „Interdisziplinäre Tumorzentrum“ am Universitätsklinikum Freiburg. – Foto: Universitätsklinikum Freiburg/Frederike Tröndle

Klassischerweise sind Krankenhäuser nach medizinischen Disziplinen sortiert – Klinik für Innere Medizin, Klinik für Frauenheilkunde usw. Im Gegensatz dazu stehen die „Zentren“ der modernen Medizin: Hier vernetzen sich Experten aus unterschiedlichen medizinischen Disziplinen und Berufen an einer Stelle, um eine bestimmte Krankheit zu behandeln und zu heilen: Hier gibt es Chirurgen mit viel Erfahrung und viel Praxis im Operieren von genau dieser einen Form von Krebs; hier sitzen Krebsspezialisten für das jeweilige Organ in regelmäßig stattfindenden Tumorkonferenzen zusammen – Chirurgen, Strahlentherapeuten, Radiologen und Pathologen; hier gibt es alle nötigen Fachabteilungen; hier gibt es individuelle Therapiepläne. Und eine offizielle Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).

Aktuelle Krebstherapiestudie: Eine Million Behandlungsfälle

Eine aktuelle Großstudie zeigt: Patienten, die in einem der zertifizierten „Zentren“ für ihre Form von Krebs behandelt werden, haben klare Überlebensvorteile. Die Studie basiert auf bundesweiten Abrechnungsdaten der AOK sowie aus den vier regionalen klinischen Krebsregistern Regensburg, Dresden, Erfurt und Berlin-Brandenburg für rund eine Million Behandlungsfälle.

Bei diesen Krebsarten war der Überlebensvorteil am größten

 „Die Sterblichkeitsrate lag bei allen acht untersuchten Krebserkrankungen niedriger als bei Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern, die nicht von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert waren“, heißt es dazu in einer aktuellen Mitteilung des AOK-Bundesverbands. Besonders groß war laut der Analyse der Krebsregister-Daten der Überlebensvorteil durch die Zentren-Behandlung bei folgenden Krebserkrankungen:

  1. Gebärmutterhalskrebs (minus 25,9 Prozent Sterblichkeit)
  2. neuroonkologischen Tumoren (minus 15,8 Prozent)
  3. Lungenkrebs (minus 15,0 Prozent)
  4. Brustkrebs (minus 11,7 Prozent).

Positive Effekte mit statistischer Signifikanz zeigten sich weiterhin für das kolorektale Karzinom (Darmkrebs), Kopf-Hals-Tumore, Prostatakrebs und die Gruppe der gynäkologischen Tumore. Die niedrigere Sterblichkeit in den zertifizierten Zentren war demnach sowohl in den Krebsregisterdaten als auch in den Krankenkassendaten erkennbar.

„Bessere Überlebenschancen als in nicht zertifizierten Kliniken“

„Unsere Ergebnisse stützen über verschiedene Krebsarten hinweg die Hypothese, dass Patientinnen und Patienten in DKG-zertifizierten Kliniken bessere Überlebenschancen haben als in nicht zertifizierten Krankenhäusern“, sagt Jochen Schmitt, Direktor des federführenden Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) des Universitätsklinikums Dresden.

Warum Krebs-„Zentren“ erfolgreicher sind

Die positiven Effekte der Zertifizierung erklärt Monika Klinkhammer-Schalke, die Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren unter anderem damit, dass Patienten in den zertifizierten Zentren auf inter- und multidisziplinäre Behandlungsteams treffen, die häufiger leitliniengerecht behandeln und auf eine bessere Prozess- und Strukturqualität zurückgreifen können. „Für den Erfolg der zertifizierten Zentren dürfte zum Beispiel der Einsatz von Tumorboards eine große Rolle spielen, die das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei Patienten mit malignen Tumoren gemeinsam besprechen und die weitere Behandlung planen“, sagt die Ärztin, die selbst Leiterin des Tumorzentrums Regensburg ist.

„Zentrum“ – oder nicht? Große Unterschiede zwischen Krebsarten

Die aktuelle Datenauswertung zeigt, dass größere Kliniken tendenziell eher zertifiziert werden als kleinere. Sie zeigt auch, dass im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2017 immer mehr Patienten in DKG-zertifizierten Zentren behandelt wurden – ein klarer Trend. Allerdings gab es offensichtlich große Unterschiede zwischen den verschiedenen Krebsarten: Im letzten Datenjahr der Studie – 2017 – lag der Anteil der in Zentren behandelten Patienten mit 68 Prozent bei Brustkrebs am höchsten. An niedrigsten war er mit 24 Prozent bei Bauchspeicheldrüsenkrebs.

AOK-Chefin: „Zu viele Krebsfälle nicht von Spezialisten behandelt“

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, kritisierte dies anlässlich eines Symposiums zu diesem Thema in Berlin: „Noch immer werden viel zu viele Patientinnen und Patienten mit Krebs außerhalb der spezialisierten Zentren behandelt“, sagte die AOK-Chefin und forderte „gerade in diesem sensiblen Bereich der medizinischen Versorgung mehr Spezialisierung und Konzentration von Leistungen“.

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Krebs , Krebsregister , Personalisierte Medizin , Tumorzentrum , Krebsforschung

Weitere Nachrichten zum Thema „Krebstherapie“

14.09.2020

Anti-tumorale Mechanismen im Körper können auch bei schwer erkrankten Krebspatienten durch eine spezielle Sporttherapie aktiviert werden. Das hat eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg jetzt erstmals bestätigt. Der Körper schüttet dabei sogenannte Myokine aus, die entzündungshemmend wirken und Tumorzellen abtöten können.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin