Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Bald individuelle Alzheimer-Prognose möglich?

Donnerstag, 3. Dezember 2020 – Autor:
Im Zuge der Alzheimer-Demenz breiten sich Tau-Proteine im Gehirn aus. Münchner Forschern gelang es, den Verlauf zu prognostizieren. Ist bald eine individuelle Alzheimer-Prognose möglich?
Demenz, Alzheimer, Demenz-Patient

Forscher haben einen Ansatz gefunden, den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung vorherzusagen – Foto: ©LIGHTFIELD STUDIOS - stock.adobe.com

Alzheimer ist die Hauptursache für Demenz im Alter. Forscher des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung am LMU Klinikum München hatten jüngst nachgewiesen, dass sich Tau genannte Proteine im Verlauf der Erkrankung entlang miteinander vernetzter Hirnregionen ausbreiten und den Krankheitsverlauf entscheidend mitbestimmen beziehungsweise  verschlimmern.

Jetzt haben die Wissenschaftler um Prof. Michael Ewers und Dr. Nicolai Franzmeier im Fachblatt Science Advances die Ergebnisse einer Folgestudie veröffentlicht. Danach lässt sich ihre Methodik nutzen, um die Ausbreitung der Tau-Proteine im Gehirn vorherzusagen. Ist damit bald eine individuelle Alzheimer-Prognose möglich?

Gedächtnis, Sprache und Denken gestört

Reichern sich im Gehirn der Betroffenen immer mehr der fehlgefalteten Proteine Amyloid-beta und Tau an, zerstört das zunehmend die Nervenzellen und die Kontaktstellen zwischen den Neuronen, die Synapsen.

Die Folge: Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Sie machen die Bewältigung des Alltagslebens immer schwieriger.

Hirnregionen, die Tau angehäuft haben

Die Forscher haben in zwei unabhängigen Stichproben die Gehirne von jeweils 106 und 41 Patienten mit diagnostizierter Alzheimer-Krankheit mit einem bildgebenden Verfahren untersucht: Die tau-PET-Untersuchung ermittelt die Verteilung der krankhaft veränderten Tau-Proteine im Gehirn.

Die erhobenen Bilddaten haben die Forscher mit einem Atlas verknüpft, der die Verbindungen einzelner Bereiche des Gehirns darstellt. Darauf basierend ermittelten sie die Hirnregionen, die am meisten Tau angehäuft hatten. "Das sind die Epizentren der Tau-Pathologie", erklärt Franzmeier in einer Pressemitteilung.

Bald individuelle Alzheimer-Prognose möglich?

Jene Hirnregionen, die am stärksten mit diesen Epizentren vernetzt sind, konnten die Forschenden als die Bereiche prognostizieren, in denen sich etwa ein bis zwei Jahre nach der ersten tau-PET Untersuchung mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls abnormes Tau anreichert.

Mit dieser Methodik, so das Ergebnis der Studie, lässt sich grundsätzlich vorhersagen, wie sich die Tau-Proteine im Gehirn ausbreiten werden. Ist damit bald eine individuelle Alzheimer-Prognose möglich?

Bislang gingen Experten davon aus, dass sich der Erkrankungsprozess relativ stereotyp über die immer gleichen Hirnregionen ausbreitet. "Nach unseren Daten ist die Variabilität viel größer als angenommen", sagt Franzmeier. Bei Patienten mit frühem Tau in der rechten Hirnhälfte hat sich Tau am ehesten entlang Verbindungen in der rechten Hirnhälfte ausgebreitet. Umgekehrt bei Patienten mit Tau in der linken Hirnhälfte.

Anwendung in der Medikamentenforschung

Was das für die Patienten klinisch bedeutet, welche Symptomatik sie also bei fortschreitender Erkrankung entwickeln, wollen die Forscher demnächst erkunden. Noch ist das Modell nicht so präzise, dass Ärzte es im klinischen Alltag nutzen könnten. "Dafür muss es weiter validiert werden", erklärt Ewers.

Allerdings wäre eine Anwendung der Methode in der Medikamentenforschung sofort möglich. Derzeit entwickeln Pharmafirmen Wirkstoffe, die die Ausbreitung des Tau-Proteins blockieren sollen. "Mit unserer Methode können wir gezielt vorhersagen, wo im Gehirn ein Medikament für die Beseitigung der Tau-Pathologie tatsächlich wirken sollte", sagt Michael Ewers. Damit ließe sich besser ermitteln, ob ein Wirkstoff anschlägt.

Foto: Adobe Stock/Lightfield Studios

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Alzheimer , Demenz , Gedächtnis

Weitere Nachrichten zum Thema Alzheimer

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin