
Babys lernen Wort-Bedeutungen im Schlaf – Foto: ©candy1812 - stock.adobe.com
Ein Team um Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften hat herausgefunden, dass es Babys bereits im Alter von sechs bis acht Monaten gelingt, Wörtern eine Bedeutung zuzuordnen. Diese Fähigkeit war bisher nur von älteren Kindern und Erwachsenen bekannt.
Babys sind einer Vielzahl von Reizen ausgesetzt. Jeder Moment für sie eine neue Erfahrung – so lange, bis das kindliche Gehirn Ordnung in die Flut der Reize bringt. Es muss die neuen Informationen im Langzeitgedächtnis speichern, ähnliche Erfahrungen zusammenfassen und in Form von Kategorien verallgemeinern. Dafür scheint für die Babys vor allem eines entscheidend zu sein: Ausreichender Schlaf.
Forscher präsentierten Fanatasie-Objekte
Die Wissenschaftler ließen sechs bis acht Monate alte Babys Fantasieobjekte lernen und benannten diese mit Fantasiewörtern wie „Bofel“ oder „Zuser“ Dabei wurden Objekte, die sich jeweils nur leicht in Form und Farbe unterschieden, mit dem gleichen Namen benannt. Diese erfundenen Objekte und Namen wählten die Forscher, um sicher zu gehen, dass die kleinen Studienteilnehmer nicht auf bereits vorhandenes Wissen zurückgreifen konnten.
Anhand der kindlichen Hirnreaktion zeigte sich, dass die Babys neue Objekte der gleichen Kategorie noch nicht mit den entsprechenden Namen verbanden. Sie sahen einen neuen Bofel nicht als „Bofel“ an, obwohl er den bisherigen Bofel-Objekten sehr ähnlich sah. Für die Babys war jedes neue Objekt–Wort Paar noch unbekannt und einzigartig. Das änderte sich nach einem Mittagsschlaf.
Babys lernen im Schlaf
Bei Babys, die nach der Lern-Phase geschlafen hatten, konnte das Gehirn in der anschließenden Test-Phase zwischen den richtigen und falschen Benennungen neuer Objekte unterscheiden. Babys, die wach geblieben waren, gelang das nicht, heißt es weiter in einer Pressemitteilung des Instituts.
Nach einem halbstündigen Mittagsschlaf zeigten die Babys eine Hirnreaktion, die von drei Monate alten Säuglingen bekannt ist, nachdem diese visuelle und akustische Reize von Objekt-Wort-Paaren assoziiert hatten. In ihrem kurzen Schlaf hatten sie die ähnlichen Merkmale der Objekte herausgefiltert und mit dem Klang der dazugehörigen Laute verbunden. Sie nahmen das Wort jedoch nur als ein Geräusch ohne Bedeutung wahr.
Babys hatten Bedeutung der Wörter gelernt
Bei Babys, die etwa 50 Minuten geschlafen hatten, zeigte sich eine Hirnreaktion, die bisher nur von älteren Kindern und Erwachsenen bekannt war. Diese sogenannte N400-Komponente tritt auf, wenn unpassende Bedeutungen verarbeitet werden – sei es in Sätzen, Wortpaaren, Bildgeschichten oder Bild–Wort-Paaren. Anhand dieser Komponente konnten die Forscher erkennen, dass die Babys tatsächlich die Bedeutung der Wörter gelernt hatten.
„In unserer Studie haben die Babys vor dem Schlaf sehr viel Information auf einmal erhalten. Eine solche Informationsmenge ist normalerweise über einen längeren Zeitraum verteilt“, erläuterte Studienleiterin Manuela Friedrich. Erst im Schlaf, wenn das kindliche Gehirn von der Außenwelt abgekoppelt ist, kann es die wesentlichen Zusammenhänge herausfiltern und speichern. Nur im Zusammenspiel von wachem Erleben mit den ordnenden Prozessen im Schlaf können sich die frühen kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten entwickeln, so die Forscherin.
Entwicklung verläuft im Zeitraffer
Die beiden Gedächtnisformen, die im Schlaf gebildet werden, seien mit denen vergleichbar, die aus der frühen Entwicklung bekannt sind. Während jedoch im Schlaf anscheinend nur Minuten zwischen ihnen liegen, sind es in der typischen Entwicklung Monate. Die Bildung von Gedächtnisinhalten verlaufe im Schlaf also wie im Zeitraffer. Die entsprechende Studie erschien im Fachmagazin Current Biology.
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