Avastin bringt Glioblastom Patienten keinen Überlebensvorteil
Avastin galt lange Zeit als vielversprechende Behandlungsoption für das wiederkehrende Glioblastom. So hatten mehrere Studien wie zum Beispiel AVAGLIO und GLARIUS Vorteile hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens von bis zu drei Monaten gezeigt. Enttäuscht hatte der Angiogenesehemmer mit dem Wirkstoff Bevacizumab jedoch bisher immer beim Gesamtüberleben.
Diese Ergebnisse wurden nun auch von der EORTC-26101-Studie bestätigt. Danach bringt Avastin im Vergleich zu dem Krebsmittel Lomustin letztlich keinen Überlebensvorteil, wie Ende November auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Neuro-Oncology im US-Staat Texas erstmals berichtet wurde. Ärzte hatten gehofft, mit der Fortsetzung von EORTC-26101 die negativen Ergebnisse anderer Studien widerlegen zu können. Doch der harte Endpunkt – das Gesamtüberleben – konnte abermals nicht geknackt werden. Nun rückt die Zulassung von Avastin zur Behandlung bösartiger Hirntumore in weite Ferne. Die Deutsche Hirntumorhilfe befürchtet, dass es vor dem Hintergrund dieser Daten „vermutlich schwieriger wird, die Kosten für Bevacizumab im wiederholten Rezidivfall seitens der Kassen erstattet zu bekommen.“
Loumstin versus Avastin: Der harte Endpunkt wurde nicht geknackt
An der europaweiten Phase-III-Studie nahmen insgesamt 437 Patienten mit erstem Glioblastom-Rezidiv teil. Davon wurden 149 Patienten ausschließlich mit dem Krebsmedikament Lomustin (CCNU) behandelt. 288 Patienten erhielten eine Kombination aus Lomustin und Avastin. Wie in vorhergehenden Studien auch konnte Avastin das progressionsfreie Überleben um knapp drei Monate verlängern. Das heißt: Die Zeitspanne bis der Tumor wieder zu wachsen begann, lag in der Lomustin / Avastin-Gruppe bei 4,17 Monaten, während sie im Lomustin-Arm nur 1,54 Monate betrug. Doch am Ende lebte weder die eine noch die andere Patientengruppe länger. Die Patienten verstarben im Schnitt nach 9,10 Monaten, im Lomsutin-Arm nach 8,64 Monaten. Der Unterschied von wenigen Tagen gilt nicht als signifikant.
Zum Teil 12 Monate progressionsfreie Zeit
Andererseits gab es auch positive Ausreißer. So konnte Avastin immerhin bei 8,8 Prozent der Patienten das Tumorwachstum ein Jahr lang stoppen. Mit Lomustin profitierten nur 1,9 Prozent der Patienten von so einer langen progressionsfreien Zeit.
Für Wolfgang Wick vom Universitätsklinikum Heidelberg, einer der federführenden Studienärzte, ist das letzte Wort zu Avastin noch nicht gesprochen. „Die Herausforderung der Zukunft ist jene Patienten zu identifizieren, die von der Behandlung mit Bevacizumab profitieren“, sagte er auf dem Neuroonkologen-Kongress in Texas. Wick zufolge soll dies durch eine genaue Auswertung von epigenetischen Klassifikationen, MGMT-Status und anderen Tumorprofildaten geschehen. Stellt sich heraus, dass Patienten mit bestimmten Tumormerkmalen besser als andere auf Avastin ansprechen, könnte das Krebsmittel möglicherweise noch ein Standbein in der Rezidivtherapie des Glioblastoms behalten. Aus Sicht von Neuroonkologen wäre das wünschenswert. Schließlich bestimmt die progressionsfreie Zeit maßgeblich die Lebensqualität der Patienten in ihrer ohnehin nur kurzen verbleibenden Lebenszeit.
Resistenzen lassen das Glioblastom wieder wachsen
Avastin / Bevacizumab hindert Hirntumore daran, neue Blutgefäße zu bilden. Der entscheidende Wachstumsfaktor „vascular endothelial growth factor-A“ (VEGF-A) wird durch einen speziellen Antikörper gehemmt. Dass diese Wirkung zeitlich begrenzt ist, führen Wissenschaftler auf eine Resistenzbildung zurück. Nach bisherigen Erkenntnissen setzt das Glioblastom alternative pro-angiogene Wachstumsfaktoren frei, die VEGF-A ersetzen. Die VEGF-A-Blockade durch Avastin wird dann wirkungslos, da der Tumor über andere Wege Blutgefäße bilden kann.
Avastin ist bislang zur Behandlung von Eierstockkrebs, Lungenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs, Nierenkrebs und dem Zervixkarzinom zugelassen. Anders als in Deutschland hat der Angiogenesehemmer in den USA auch für die Rezidivtherapie des Glioblastoms eine Zulassung. Hierzulande ist das Krebsmittel aktuell nur in klinischen Studien oder als individueller Heilversuch verfügbar. Kassen können, aber müssen nicht die Behandlungskosten übernehmen.
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