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Auslöser für altersbedingte Nervendegeneration gefunden

Dienstag, 19. Juni 2018 – Autor:
Im Alter treten nicht nur gehäuft neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns auf. Auch die peripheren Nerven können Schaden nehmen. Nun haben Forscher einen Auslöser für die folgenreiche Erkrankung gefunden.
altersbedingte Nervendegeneration

Wenn Schmerzen in den Beinen und Muskelschwäche alten Menschen zu schaffen machen, kann eine altersbedingte Nervendegeneration dahinterstecken

Quälende Schmerzen in den Beinen, Muskelschwäche, Stürze – viele ältere Menschen kennen das. Eine neurologische Ursache wird indes nur selten vermutet. Dabei können auch die peripheren Nerven degenerieren – und zu ebendiesen Folgen führen. Wissenschaftler bezeichnen das Krankheitsbild als altersbedingte Nervendegeneration – ein Feld, das im Gegensatz zu neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns wie Alzheimer oder Parkinson nur wenig erforscht ist.

Mit einem Kooperationsprojet der Universitätskliniken Würzburg und Aachen sind nun neue Erkenntnisse ans Licht gekommen: Die Wissenschaftler um Studienleiter Professor Rudolf Martini aus Würzburg konnten einen Auslöser dieser Veränderungen identifizieren, der möglicherweise sogar therapierbar ist. Die Ergebnisse sind eben im „Journal for Neuroscience“ erschienen.

Abwehrzellen können auch Schaden anrichten

In dem Projekt haben die Wissenschaftler zunächst systematisch die Veränderungen erfasst, die sich in peripheren Nerven von Menschen im Alter zwischen 65 und 79 Jahren finden. Dabei stießen sie auf eine erhöhte Anzahl von Makrophagen, das sind Zellen, die zum Abwehr- und Entsorgungssystem des Körpers gehören. Sie nehmen beispielsweise Krankheitserreger, Fremdpartikel sowie alternde Körperzellen auf und verdauen und entsorgen diese. Sie setzten Entzündungsprozesse in Gang, helfen dabei, Wunden zu heilen, und reinigen das Gewebe. „Unglücklicherweise richten sie aber auch bei einigen Erkrankungen Schaden an“, sagt Martini.

Dass dies auch bei der altersbedingten Nervendegeneration der Fall ist, haben die Wissenschaftler im Experiment mit Mäusen zeigen können. „Wie beim Menschen war auch bei den Mäusen die Anzahl der Makrophagen erhöht. Ebenso hatten die älteren Tiere weniger Kraft als jüngere Exemplare, und ihre motorischen Endplatten – die Synapsen zwischen Nerven und Muskelfasern – waren ebenfalls weniger intakt“, berichtet das Forscherteam.

Weniger Makrophagen – weniger Muskelschwäche

Der eigentiche Nachweis, dass Makrophagen zumindest ein Teil-Auslöser der Nervendegeneration sind, erfolgte dann in einem weiteren Schritt: Wurden die Makrophagen bei Mäusen im fortgeschrittenen Alter von 18 Monaten durch eine spezielle Substanz im Futter abgetötet, verringerten sich auch die degenerativen Altersveränderungen.

„Nach sechsmonatiger Behandlung konnten wir feststellen, dass die degenerativen Altersveränderungen in den behandelten Mäusen wesentlich schwächer ausgeprägt waren“, beschreibt Martini das Ergebnis. Dementsprechend verfügten die Tiere über stärkere Muskeln und ihre motorischen Endplatten waren besser erhalten, verglichen mit unbehandelten Artgenossen.

Hoffnung auf neue Wirkstoffe

Die Studie zeige nicht nur einen kausalen Zusammenhang von entzündlichen Reaktionen in alternden Nerven mit degenerativen Alterungsprozessen, sondern auch eine potenzielle Therapierbarkeit, stellen Martini und Kollegen in ihrer Publikation fest. Ihrer Ansicht nach kann eine gezielte und möglichst spezifische Behandlung altersbedingter, Makrophagen-vermittelter Entzündungsreaktionen zu einer Verbesserung von Struktur und Funktion der Nerven führen – und damit einhergehend - zu einer verbesserten Mobilität und höheren Lebensqualität. Die Forscher hoffen deshalb, mit ihren Erkenntnissen die Erforschung und Entwicklung von Wirkstoffen anzustoßen, die speziell an Makrophagen ansetzen.

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin
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