Ausbildung vietnamesischer Pflegekräfte ist für alle ein Gewinn
Samstag, 23. August 2014
– Autor:
Cornelia Wanke
100 vietnamesische Pflegefachkräfte durchlaufen gerade das Modellvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und der GIZ. Ab nächste Woche startet die zweite Runde des Programms mit weiteren 125 Teilnehmern. Die Zwischenbilanz: Beim Projekt „Triple Win Pflegekräfte“ haben bisher alle Beteiligten gewonnen.
Mit Herz und Hand: Ausländische Kräfte bieten viel Unterstützung in der Altenpflege.
– Foto: © Robert Kneschke
Zum Beispiel an Erfahrung: „Wir haben eine starke Lernkurve verzeichnen müssen“, sagte Harald Kuhne, Leiter der Zentralabteilung im BMWi auf der Fachtagung „Ausbildung junger Menschen aus Drittstaaten – Chance zur Gewinnung künftiger Fachkräfte für die Pflegewirtschaft“, die gestern im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Experten aus dem Bereich der Pflege versammelte. „Wir wissen zwar, dass das ein Projekt mit Goldrand ist und man sonst nicht so viel Geld in die Anwerbung von ausländischen Fachkräften stecken kann – aber dieses Projekt kann durchaus eine Blaupause für andere Berufszweige werden“, so Kuhne.
Pflegefachkräfte: Organisatoren hoffen auf mehr Initiative aus der Wirtschaft
Dr. René Herrmann vom Vivantes Forum für Senioren GmbH, der selbst 19 der 100 vietnamesischen Pflegefachkräfte in seinen Einrichtungen ausbildet zeigte sich „hellauf begeistert – obwohl uns dieses Projekt viel Blut, Schweiß und Tränen gekostet hat“. Er habe durchaus nur positive Erfahrungen mit den Pflegekräften aus Vietnam gemacht. Dr. Rainer Fuchs von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Hanoi wies darauf hin, dass in Zukunft noch viel mehr Initiative auch von den Gesundheitswirtschaftsunternehmen ausgehen müsse. Das Anwerben von Pflegekräften aus Drittstaaten kann nicht auf Dauer Sache des Staates sein.“ Darüber hinaus bekräftigte er, dass vom Triple Win-Programm tatsächlich auch alle profitierten: Wir nehmen Vietnam hier keine Fachkräfte weg, sondern unterstützen das Land sogar in der Ausbildung eigener Pflegekräfte – das Ganze hat also durchaus eine entwicklungspolitische Komponente.“
Als größte Herausforderung sehen alle Beteiligten das Erlernen der Sprache
Entwicklungsbedarf sah Eike Klingberg, Leiter der DRK Altenpflegeschule Braunschweig auch im Projekt selbst: „Wir hatten über die GIZ viel Informationsmaterial bekommen, aber in der Praxis sieht die Ausbildung dann doch manchmal ganz anders aus.“ Pflegerisch seien die Kräfte aus Vietnam alles sehr gut ausgebildet gewesen – „aber sprachlich war das ganze Vorhaben eine große Herausforderung für uns alle.“ Ohne Sonder-Sprachkurse über die VHS wäre das ganze Projekt doch ein schwieriges Unterfangen geworden. Und auch so manches „pädagogische Instrument“ hätte man eingesetzt: „Wir haben dann zum Beispiel ein Sparschwein aufgestellt, in das eingezahlt werden musste, wenn in der Arbeitsgruppe vietnamesisch gesprochen wurde“, erzählt der Ausbildungsleiter. Diese Erfahrung bestätigte auch Jochen Mager, Leiter des Seniorenzentrums Pfostenwäldle der AWO Stuttgart: „Wie soll das auch funktionieren, wenn eine junge vietnamesische Pflegekraft mit wenig Deutschkenntnissen in ein schwäbisches Pflegeheim kommt?“
Über diese Erfahrung berichtete eindrücklich Mai Ngyen Thi Quynh: Am Anfang sei alles sehr fremd gewesen – und sie habe oft mit der Familie zuhause in Vietnam telefoniert, weil sie in Deutschland nichts verstanden habe und ihr die Kultur fremd gewesen sei. Elf Monate und viele Sprachunterrichtsstunden später fühlt sich die junge Vietnamesin, deren Großvater schon Arzt war, im Ländle „sehr wohl – und ich würde sehr gerne hier bleiben.“
Viel Lob und viele Dankesworte hatte Dr. Reinhild Renée Ernst, Projektverantwortliche bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, für alle Beteiligten parat: „Dieses Projekt konnte auch deshalb gelingen, weil hier wirklich alle Beteiligten an einem Strang gezogen – und es auf so unglaubliche Weise unterstützt haben.“ So wie sie freuen sich auch alle Initiatoren, Trägerorganisationen und Beteiligten auf Runde 2. Die startet kommende Woche mit 125 weiteren vietnamesischen Pflegekräften. Und das BMWi hat nach eigenen Angaben außer Vietnam auch noch weitere Drittstaaten für die Zukunft im Visir.
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