Auffällig viele Badetote an der Ostsee

Dank besonders vieler Wachstationen kommen an deutschen Meeresküsten weniger Badende ums Leben als an Binnengewässern. Trotzdem ist die Zahl der Badetoten in diesem Sommer an der Ostsee deutlich gestiegen. – Foto: DLRG
In den Sommermonaten Juni und Juli sind mehr Menschen in Deutschland ertrunken als zur selben Zeit im Vorjahr – vor allem an der Ostsee. Das ergibt sich aus der Zwischenbilanz der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) für die Badesaison 2021. Ertranken 2020 in diesem Zeitraum noch 95 Menschen, waren es diesmal 116. Während die Zahl der Badetoten in vielen Bundesländern in den ersten sieben Monaten insgesamt sank, stieg sie in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf mehr als das Doppelte an – von 9 auf 21.
Ein Badetoter an der Nordsee – aber 15 an der Ostsee
„Der auffällig starke Anstieg ist vor allem durch eine gestiegene Zahl an Badeunglücken in der Ostsee zu erklären“, sagte DLRG-Präsident Achim Haag in Berlin. An den deutschen Küstengewässern kamen in dieser Saison bisher 16 Personen in Folge eines Badeunfalls ums Leben: 15 davon an der Ostsee – und nur eine an der Nordsee. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es zehn Personen: 3 in der Nord- und 7 in der Ostsee. Damit hat sich die Zahl der Badetoten an der Ostsee Stand Ende Juli mehr als verdoppelt.
Unterströmung im Meer: „Es zieht wie ein Staubsauger“
Am Meer, bei auflandigem Wind, ist das Baden besonders aufregend wegen der vielen Wellen und der starken Brandung. Das Wasser schlägt ans Ufer und muss aber dann irgendwie ins Meer zurück. „Am Grund zieht es wieder raus, und zwar aufs offene Meer“, sagt DLRG-Sprecher Achim Wiese. „Wer dort hineingerät, insbesondere Kinder, die sind von der Körperstatur, vom Gewicht her natürlich wesentlich leichter als Erwachsene, den zieht das wie ein Staubsauger aufs offene Meer.“ Das sei an der See die Gefahrenquelle Nummer eins, insbesondere an der Ostsee.
Unfallschwerpunkt Flüsse und Seen
Im Vergleich der deutschen Bundesländer liegt in der DLRG-Statistik der Freistaat Bayern mit 29 Badetoten an der Spitze, gefolgt von Baden-Württemberg mit 23 und Mecklenburg-Vorpommern mit 21 Fällen. Obwohl Meeresgewässer – und insbesondere die Nordsee – wegen Wellen und Strömungen als gewaltiger gelten, spielt sich ein Großteil des Unfallgeschehens dennoch weiterhin in Gewässern des Binnenlandes ab. Der Grund: An den Meeresküsten zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten sind die Badestellen laut DLRG in der Regel von 9 bis 18 Uhr von Rettungsorganisationen beaufsichtigt. An Flüssen und Seen im Binnenland dagegen gibt es tausende Küstenkilometern unbewachter Badestellen. Über 75 Prozent der ertrunkenen Menschen kamen der DLRG-Statistik zufolge in diesen zwei Gewässertypen ums Leben. Während in Flüssen die Zahl von 74 im Vorjahr auf jetzt 53 sank, stieg die Zahl von Badeunfällen an Seen von 64 auf 86 an. In Schwimmbädern fanden mit zwei Badegästen vergleichsweise wenige den nassen Tod.
Steigende Zahl von Nichtschwimmern in Deutschland
Obwohl sie scheinbar kriechen, besitzen vor allem die großen Flüsse Strömungskräfte, die gefährlich werden können – Flüsse wie Rhein, Donau, Elbe oder Weser. „Der Rhein hat zum Teil eine Fließgeschwindigkeit von 10 km/h“, sagt DLRG-Sprecher Wiese. „Wer in eine solche Strömung hineingerät, der hat erhebliche Probleme, dort wieder herauszukommen, selbst geübte Schwimmer haben diese Probleme." In stillen Seen, vor allem in Baggerseen, lauern ganz andere Gefahren. Das Wasser ist oft lange flach, um dann abrupt in die Tiefe zu gehen. „Wer nicht schwimmen kann – und die Zahl der Nichtschwimmer nimmt in Deutschland rasant zu – hat dann ein großes Problem.“ Zur Unfallprävention beim Baden hat die DLRG eine Liste mit Sicherheitsratschlägen veröffentlicht.
Zahlen von Badetoten nach Gewässern im Überblick
- Flüsse: 53 (-21)
- Seen: 86 (+22)
- Kanäle: 11
- Teiche: 5
- Bäche: 3
- Pools: 2
- Gräben: 1
- Hafenbecken: 1
- sonstige Gewässer (Beispiel: Rückhaltebecken): 4
(Quelle: DLRG)