Astra Zeneca nimmt neues Lungenkrebsmedikament vom Markt
Erst im Februar war es zugelassen worden, nun verschwindet es wieder vom deutschen Markt: das Lungenkrebsmedikament Osimertinib, Handelsname Tagrisso. Das Medikament gilt als Hoffnungsträger für Patienten mit EGFR Mutation T790M. Die Ansprechraten liegen bei 60 Prozent. Doch Hersteller Astra Zeneca konnte seine Preisforderungen bei den Kassen nicht durchsetzen. Darum teilte der Pharmakonzern heute seine Entscheidung mit, den Vertrieb von Osimertinib in Deutschland mit sofortiger Wirkung einzustellen. „Wir bedauern diese Entscheidung. Unter den aktuellen Umständen ist ein Marktverbleib jedoch nicht möglich“, sagte Dirk Greshake, Geschäftsführer AstraZeneca Deutschland.
Nächstes Jahr ein neuer Versuch
Hintergrund ist, dass der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) dem Medikament keinen Zusatznutzen bescheinigt hatte. Folglich kann Astra Zeneca keinen akzeptablen Erstattungspreis erzielen. Die Preisverhandlungen sind zwar geheim, jedoch wird vermutet, dass die GKV nicht bereit ist, für den neuen Tyrosinkinase-Inhibitor mehr als für eine platinhaltige Chemotherapie zu zahlen. „Die G-BA Entscheidung steht im Kontrast zur klinischen Wirklichkeit, wo Daten und Praxis eine hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit von Osimertinib belegen“, so Greshake. Medikamente wie dieses preislich auf die gleiche Ebene wie Chemotherapien zu setzen, sei nicht angemessen.
Der Stopp des Vertriebes in Deutschland soll jedoch nur vorübergehend sein. Im nächsten Jahr will der Pharmakonzern eine Phase-III-Studie zur Neubewertung beim G-BA einreichen. Der primäre Endpunkt ist bereits erreicht. Trotz der vorläufigen Rücknahme bleibt Osimertinib weiterhin in Deutschland zugelassen.
Eingereichte Daten konnten G-BA nicht überzeugen
In der Tat war die Nutzenbewertung zum jetzigen Zeitpunkt riskant. Um die Zeit bis zum Ablauf des Patentschutzes optimal zu nutzen, beantragen viele pharmazeutische Unternehmen frühzeitige Zulassungen auf Basis vielversprechender Ergebnisse an kleinen Patientenkollektiven. Diese Daten fokussieren auf Wirksamkeit und Sicherheit, sind in der Regel jedoch nicht genügend aussagekräftig, um auch einen Zusatznutzen nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in Deutschland zu belegen. „AstraZeneca ist dieses Risiko einer negativen Festlegung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit der frühen Markteinführung eingegangen“, sagt dazu die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Andererseits hätte aus Sicht der DGHO der G-BA auch anders entscheiden können, zum Beispiel „nicht quantifizierbarer Zusatznutzen“. Eine solch positive Bewertung wurde vom National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in England vorgenommen.
Osimertinib kann aus dem Ausland bezogen werden
„Alle beteiligten Institutionen haben Recht, aber den Schaden haben die Patienten“, so die DGHO. Bis Osimertinib wieder auf den deutschen Markt kommt, können Patienten auf Importe aus dem europäischen Ausland zurückgreifen. Das ist nicht optimal, aber besser als nichts.
Die Zahl der betroffenen Patienten mit einer T790M Mutation wird in Deutschland auf etwa 1.200 pro Jahr geschätzt. Die DGHO empfiehlt diesen Patienten weiterhin eine Therapie mit Osimertinib, da sie wirksamer und besser verträglich als eine platinhaltige Chemotherapie sei.
Foto: © WavebreakMediaMicro - Fotolia.com