Asthma bronchiale: Auf den Schleim kommt es an
Die genauen Mechanismen, die zu allergischem Asthma bronchiale führen, sind immer noch nicht entschlüsselt. Forschern des Zentrums für Translationale Lungenforschung Heidelberg ist nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Sektion Pädiatrische Pneumologie und Allergologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Erkrankung gelungen. Demnach hängt die Entstehung von Asthma unter anderem mit einem zu trockenen Lungensekret zusammen. Die Wissenschaftler entdeckten auch, dass die allergische Reaktion in den Atemwegen nicht, wie bisher angenommen, von fehlregulierten Immunzellen, sondern in erster Linie von den Zellen der Atemwegsschleimhaut selbst ausgelöst wird. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Journal of Allergy and Clinical Immunology.
Zäher Schleim fördert Entzündungen
Asthma bronchiale entsteht als Reaktion auf allergieauslösende Stoffe in der Atemluft wie beispielsweise Partikel von Hausstaubmilben oder Schimmelpilzsporen. Bei betroffenen Personen verengen sich die Bronchien, die Schleimhäute der Atemwege schwellen an und sondern verstärkt Sekret ab; es entsteht eine chronische Entzündung. Wie es genau zu dieser überschießenden, auf die Lunge beschränkten Immunantwort kommt, war bisher jedoch noch weitgehend unklar.
Das Forscherteam um Professor Marcus Mall, Direktor der Abteilung Translationale Pneumologie, untersuchte die Krankheitsmechanismen nun am Mausmodell. Es zeigte sich, dass Tiere, deren Bronchien aufgrund eines genetischen Defekts mit eher trockenem Schleim ausgekleidet waren und die dann Allergene von Hausstaubmilben oder Schimmelpilzen einatmeten, eine um ein Vielfaches stärkere allergische Atemwegsentzündung entwickelten als Mäuse mit normal befeuchteten Atemwegen. „Sind die Atemwegsoberflächen zu gering befeuchtet und dadurch die Reinigungsfunktion der Lunge gestört, ist das anscheinend ein entscheidender Risikofaktor für die Entstehung des allergischen Asthma“, erklärte Mall.
Ist der Schleim in den Atemwegen zu zäh, können die Flimmerhärchen, die für die Reinigung der Atemwege zuständig sind, ihn nicht mehr mitsamt der darin gebundenen Staubpartikel und Allergene aus der Lunge transportieren. Die Reizstoffe sammeln sich in den Atemwegen an und kommen in Kontakt mit der Atemwegsschleimhaut. Darauf reagiert diese empfindlich: Werden die Allergene nicht ordnungsgemäß aus der Lunge abtransportiert, schütten die Zellen der Atemwegsschleimhaut Botenstoffe wie Interleukin-13 (IL-13) aus und aktivieren damit bestimmte Immunzellen (T-Helferzellen Typ2). So kommt die Entzündung in Gang.
Neue Behandlungsoption bei Asthma?
Für die Forscher bedeuten diese Resultate eine wichtige Erkenntnis. „Die allergische Entzündung in der Lunge geht nicht auf eine primäre Fehlfunktion der Immunzellen zurück“, so Mall. „Diese reagieren vielmehr auf den Hilferuf der Schleimhautzellen. Solange die eingeatmeten Allergene effektiv aus der Lunge entfernt werden können, senden die Schleimhautzellen dieses Signal nicht aus. Dadurch fällt die Immunantwort trotz gleicher Belastung mit Allergenen deutlich geringer aus.“
Die Wissenschaftler konnten auch eine neue Behandlungsoption entwickeln. Wurde die Befeuchtung des trockenen Schleims und damit der Abtransport der Allergene durch Inhalation mit dem Wirkstoff Amilorid verbessert, wurde in den Atemwegen nur noch wenig IL-13 freigesetzt und die allergische Atemwegsentzündung war deutlich reduziert. Gängige Therapien lindern bisher lediglich die Symptome: Sie lösen die verkrampfte Muskulatur der Bronchien und unterdrücken die Entzündung. Bei der neuen Behandlung könnte es sich hingegen um eine kausale Therapie handeln. Ob sie jedoch bei Patienten mit Asthma genauso effektiv ist wie im Tiermodell, müssen erst noch weitere Studien zeigen.
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