Arzneimittel-Mix mit Risiken und Nebenwirkungen
Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen, haben ein höheres Risiko für teils gefähliche Wechselwirkungen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), die der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" vorliegt. Besonders betroffen sind ältere Menschen mit mehreren Erkrankungen, vor allem Pflegeheim-Bewohner.
Ausgewertet wurden die rund 65 Millionen verordneten Verpackungen für die 24 Millionen AOK-Versicherten bundesweit aus dem ersten Quartal des Jahres 2012. Insgesamt kam es im Auwertungszeitraum zu rund 206.000 kontraindizierten Kombinationsverordungen. "Das Problem gefährlicher Arzneimittel-Kombinationen können Kassen und Ärzte nur gemeinsam lösen", erklärte der Chef der AOK Hamburg/Rheinland, Günter Wältermann. Die AOK suche das Gespräch mit den Medizinern, wenn bedenkliche Verordnungen auffielen. Wältermann sieht vor allem Handlungsbedarf bei der Versorgung von Pflegeheim-Bewohnern. "Dort werden teilweise Dosierungen und Kombinationen verordnet, die unter Körperverletzung fallen", sagte er der Zeitung. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schätzt, dass rund 300.000 Krankenhausaufenthalte pro Jahr durch Wechselwirkungen von Arzneimitteln bedingt sind.
300.000 Krankenhauseinweisungen pro Jahr durch Medikamentenwechselwirkungen
Unterdessen hat eine Untersuchung der Handelskrankenkasse HKK im Großraum Oldenburg-Bremen gezeigt, dass 60 Prozent der Patienten über 65 mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen. Die Erhebungen der HKK aus dem Jahre 2010 sprechen eine deutliche Sprache: Je mehr Ärzte an einer Therapie beteiligt sind, desto größer ist das Polypharmazie-Risiko für die Patienten, was wiederum für Folgeerkrankungen verantwortlich ist.
„Je mehr Medikamente der Patient verordnet bekommt, desto schwieriger lässt sich die Gesamtmedikation beurteilen, so der Vorsitzende des Bundesverbandes Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV), Hans-Werner Holdermann. „Viele Patienten werden durch die Vielzahl der Medikamente zudem verunsichert und das hat zur Folge, dass sie die Therapie in Eigeninitiative verändern, selbständig abbrechen oder auch auf andere Therapien ausweichen.
„Das wiederum führt zu Fehlmedikationen, an deren Ende nicht selten eine stationäre Einweisung steht, so Holdermann weiter. Durch die Verblisterung erhalte jeder Patient zur richtigen Zeit die richtige Tablette nach vorheriger Planung durch einen Pharmazeuten. Die Lösung des Problems gebe es somit schon. Warum diese nicht flächendeckend in Deutschland umgesetzt werde, sei verwunderlich.
Foto: AOK-Mediendienst