Apotheken durften gegen Grippe impfen: Erfahrungen aus Berlin

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Seit Februar 2022 dürfen Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland gegen Covid-19 impfen, seit Oktober 2022 können sie außerdem bundesweit Grippeimpfungen anbieten. Das sieht das Pflegebonus-Gesetz vor. In Berlin machen bisher knapp zehn Prozent der Apotheken mit.
Um die Impfungen anbieten zu können, müssen Apotheker eine Fortbildung absolvieren, die auch die Ersthilfe in Notfällen umfasst, sowie einen Extra-Raum und eine Haftpflichtversicherung vorhalten. All das ist der zuständigen Behörde zu melden, heißt es bei der ABDA, der Bundesvereinigung der Apotheken.
Impfbereite Apotheken in der Nähe suchen
Durch das niedrigschwellige Angebot in den Apotheken könnten zusätzliche Bevölkerungsgruppen zu mobilisiert und auch Impfmuffel motiviert werden, heißt es bei der Apothekerschaft, die mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnet. Denn die Impfquote bei der jährlichen Grippeimpfung, die vor allem ab 60 Jahren empfohlen wird, liegt nach wie vor weit unter der angestrebten Zielmarke.
Die Abläufe bei der Apothekenimpfung ähneln denen in einer Arztpraxis: Impfwillige werden nach Vorerkrankungen befragt, über Nebenwirkungen aufgeklärt und bleiben etwa bei einer Covid-19-Impfung noch 15 Minuten in der Apotheke, um sicherzugehen, dass keine allergische Reaktion auftritt. Unter mein-apothekenmanager.de kann man beispielsweise nach Apotheken in der Nähe suchen, die Covid- oder Grippeimpfungen verabreichen.
In Berlin impften 70 Apotheken gegen Grippe
In Berlin impften bisher knapp 10 Prozent der Apotheken: 70 boten in der Wintersaison 2022/2023 erstmals die Grippe-Impfung an, 17 impften gegen Covid-19. Einige Apotheken machten beides, was in den entsprechenden Zahlen des zuständigen Landesamtes (Lageso) nicht gesondert erfasst ist. Die meisten impfenden Apotheker oder Apothekerinnen gibt es in Tempelhof-Schöneberg, die wenigsten in Spandau.
Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Berliner Apothekerkammer, gibt ein Bild von der Impf-Bereitschaft: "Ein Teil der Kollegen ist ganz begeistert und berichtet von sehr positiven Reaktionen der Patienten. Ein Teil hat nicht genug Personal oder es fehlen die erforderlichen Räumlichkeiten. Ein Teil möchte nicht impfen, oft auch, um den Ärzten in der Umgebung nicht auf die Füße zu treten."
Ältere Kunden profitierten von dem Angebot
Die Ärzteschaft kritisiert denn auch die impfenden Apotheken. Die Impfung müsse aus Gründen des Patientenschutzes eine ärztliche Aufgabe bleiben, meint die Bundesärztekammer. Die Pharmazeuten seien hierfür nicht ausgebildet, beispielsweise für den Fall eines allergischen Schocks, moniert der Deutsche Hausärzteverband.
Kemmritz, die die Falken-Apotheke in Weißensee leitet und selbst impft, sieht die Vorwürfe gelassen: "Wir hatten eine sehr gute ärtzliche Fortbildung". Besonders ältere Kunden, die einen weiteren Weg zum Arzt hätten, fanden ihr Angebot total praktisch. Haben die impfenden Apotheken die Impfquote nach oben getrieben? "Das wird man noch auswerten. Für mich gilt: Jede Impfung zählt!", so die Pharmazeutin. Allerdings hat auch sie festgestellt, welcher Dokumentations- und damit Zeitaufwand mit dem Impfen verbunden ist. "Das muss entsprechend honoriert werden", fordert die Kammerpräsidentin.
Die Saison für die Grippeimpfung startet erst wieder im nächsten Herbst. Wie es mit der Covid-19-Impfung in den Apotheken weitergeht, ist momentan noch unklar. Ab dem 8. April gehört sie zur Regelversorgung. Damit wäre fürs Impfen ein Rezept vom Arzt nötig. Zudem ist noch unklar, wie die Krankenkassen die Impfung künftig vergüten. Bislang zahlten sie an Arzt und Apotheke jeweils 28 Euro.
In Frankreich dürfen die Apotheken seit Ende 2022 alle Totimpfstoffe impfen. Das könnte Patienten hierzulande etwa den Weg zur Zeckenimpfung FSME erleichtern: Bislang müssen Sie beim Arzt ein Rezept für den Impfstoff bestellen, diesen in der Apotheke ordern, abholen, im Kühlschrank lagern und dann damit zum Impfen zum Arzt gehen.